Die Flötentöne der Bach-Burschen

4. Mai 2011 Rosemarie Schmitt
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Wenn nicht Johann Sebastian Bach, wer sonst hätte seinen Söhnen die Flötentöne beibringen können? Nur bei einem Filius hatte selbst er so seine Probleme. Den Johann Gottfried Bernhard wollte partout nicht nach der Flöte des Vaters tanzen, dabei soll er durchaus musikalisch und ein begabter Organist gewesen sein.

Bedauerlicherweise nutzte er seine musikalischen Fähigkeiten eher derart, daß er allzu häufig auf die Pauke haute, gerne die erste Geige spielte und infolge seiner Leidenschaft für das nicht musikalische Spiel, sein guter Ruf und auch sein Hab und Gut flöten ging. Sein Vater bezeichnete ihn einst gar als "leider mißrathenen Sohn". Ja, wo du nicht bist, Herr Organist, da schweigen alle Flöten. Johann Gottfried Bernhard Bach lebte nur 23 Jahre. Er starb, so heißt es, an der Folge eines hitzigen Fiebers, dieser Hitzkopf.

Doch Johann Sebastian Bach warf mitnichten die Flöte ins Korn, sondern widmete sich fortan weiterhin dem Teil seiner nicht "leider mißrathenen" Söhne. Und das mit Erfolg, was die im März bei NIMBUS-Records (im EDEL-Vertrieb) erschienene CD beweist. "Bach Family", so der Titel dieser Aufnahme, die obwohl eine reine Familienangelegenheit, für jedermann im Handel erhältlich ist. Vier herausragende Musiker präsentieren Kompositionen (Kammermusik mit Flöte) von vier Söhnen Bachs und einem seiner Enkel.

Da sind etwa zwei Trios von Wilhelm Friedemann Bach zu hören. Auch Wilhelm Friedemann war, wie zahlreiche kreative Menschen, sensibel, latent labil und überaus suchtgefährdet. Es ist anzunehmen, daß er so feinbesaitet und empfindsam gewesen ist, daß er gar die "Flöte husten hörte". Nicht erreichte Ziele ersoff er in Alkohol und lebte die letzten zehn Jahre wie ein Vagabund, mittel- und arbeitslos, krank, hungrig und meist betrunken. Er wurde 74 Jahre alt.

Dann gibt es da noch ein Trio von dem Johann Christian. Es scheint, als habe er diverse Stücke lediglich komponiert, zum Dank an seinen Vater und als Beweis dafür, daß er sich auf die gelehrten Flötentöne verstand. Johann Christian war des Vaters Lieblingssohn und dieser lobte jenen in den höchsten Tönen. Und dabei war es just dieser Sohn, der nicht danach strebte, als Dorf- oder gar doch als Stadt-Organist zu enden. Johann Christian Bach liebte die Oper. Er pfiff auf musikalischste Weise auf Traditionen und ging seiner Wege, und nicht immer sagte er wohin er zu gehen beabsichtigte.

Eines Tages zum Beispiel, verschwand er aus Berlin. Alle sorgten sich und niemand hatte eine Erklärung für sein Verschwinden. Monate später erst kam eine Nachricht von Johann Christian aus Bologna. Dorthin nämlich war er durchgebrannt mit einer jungen Sängerin, die er an der Berliner Hofoper offensichtlich nicht nur singen hörte. Er liebte nicht die Oper alleine. Die beiden heirateten, wurden glücklich und reich. Und wenn sie nicht gestorben wären, so lebten sie noch heute. Klingt wie ein Märchen, ist aber keines.

Daß Johann Sebastian Bach sich gut darin verstand, seinen Erben die Flötentöne beizubringen, beweisen auch die weiteren Einspielungen des Albums "Bach Family". Die Kompositionen von Carl Philipp Emanuel, Johann Christoph Friedrich und Wilhelm Friedrich Ernst (Johann Sebastian Bachs Enkel) erklingen mal kindlich naiv, mal konzertant und virtuos. Von wegen "unglückselges Flötenspiel", werter Herr Schiller! Doch das steht auf einem anderen Blatte, in einem anderen Buche ("Kabale und Liebe").

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt