64. Filmfestival von San Sebastian

Einen Mix aus bekannten Namen und Newcomern bietet der Wettbewerb des 64. Filmfestivals von San Sebastian/Donostia (16. – 24.9.). Dazu kommen wie gewohnt eine Präsentation neuer lateinamerikanischer und spanischer Produktionen, Festival-Highlights des Jahres sowie Retrospektiven zum französischen Regisseur Jacques Becker sowie zum Verhältnis von Kino und globaler Gewalt.

Eröffnet wird das heurige Festival mit der Europapremiere von Emmanuelle Bercots "La fille de Brest / 150 Milligrams". Die Französin erzählt darin von einem Doktor, der in einem Krankenhaus von Brest eine direkte Beziehung zwischen einem Medikament und einer Anzahl von Todesfallen entdeckt und Nachforschungen anstellt.

Bekannte Namen neben Bercot sind im 17 Filme umfassenden Wettbewerb der koreanische Locarno-Sieger Hong Sang-soo, der in "Yourself and Yours" ein weiteres Mal über das Verhältnis zwischen Männern und Frauen reflektiert, Bertrand Bonello mit "Nocturama", Arnaud de Pallieres mit "Orphan" und der Isländer Baltasar Kormakur mit "The Oath". Gespannt sein darf man auch auf den neuen Film von "La isla minima – Marshland"-Regisseur Alberto Rodrigues, der in "El ombre de las mil caras" vom Betrug und den Täuschungen des Spions Francisco Paesa erzählt.

Die USA sind mit dem Regiedebüt des Schauspielers Ewan McGregor vertreten, der Philip Roths Roman "American Pastoral" verfilmt hat, sowie mit Miles Joris-Peyrafittes "As You Are" vertreten. Geographisch breit gespannt ist der Bogen, reicht vom skandinavischen "The Giant" über den polnischen "Playground" und eine britische "Lady Macbeth" bis zum chinesischen "I am not Madame Bovary".

Außer Konkurrenz laufen unter anderem Oliver Stones "Snowden", J. A. Bayonas Fantasy-Film "A Monster Calls" und Jérôme Salles "L´odyssee", in dem der französische Regisseur Jacques Cousteaus Antarktis-Expedition nachzeichnet.

Relativ schwach vertreten sind im Wettbewerb das spanische und das lateinamerikanische Kino, wurden außer dem neuen Film von Rodrigues doch nur der Spanier Jonas Trueba mit "The Reconquest" und der Argentinier Emiliano Torres mit "The Winter" eingeladen.

Wettgemacht wird das freilich durch die Programmsektionen "Made in Spain", die einen Einblick in das aktuelle spanische Filmschaffen bietet, und "Horizontes Latinos", in der rund ein Dutzend aktuelle Produktionen aus Lateinamerika, darunter Milagros Mumenthalers "La idea de un lago" oder Amat Escalantes Venedig-Teilnehmer "La region salvaje" gezeigt werden.

Chancen auf Entdeckungen bietet die Sektion "New Directors", während man in den "Pearls" die Highlights der heurigen Festivalsaison genießen kann. Maren Ades "Toni Erdmann", der in diesem Rahmen vom Verband der Filmkritiker als bester Film des Jahres ausgezeichnet wird, läuft hier ebenso wie Ken Loachs Cannes-Sieger "I, Daniel Blake", Stephen Frears "Florence Foster Jenkins", Cristi Puius "Sierranevada" oder als Abschlussfilm Denis Villeneuves "Arrival".

Spektakuläre Sportfilme wie der Snowboarder-Film "The Fourth Phase" oder der Surfer-Film "Surfers´ Blood" laufen schließlich in der zusammen mit dem Red Bull Media House bespielten Schiene "Savage Cinema" und auch im 3000 Zuschauer fassenden Velodrom werden Filme für die breite Masse gezeigt.

Ausgiebig wird in San Sebastian auch dieses Jahr die Filmgeschichte mit zwei Retrospektiven gepflegt. In der klassischen Retrospektive wird der 1960 im Alter von 54 Jahren verstorbene französische Regisseur Jacques Becker gewürdigt, während in der thematischen Retrospektive anhand von rund 30 Filmen dem Verhältnis von Kino und globaler Gewalt nachgespürt wird. Der Bogen der Auswahl spannt sich dabei von Christian Petzolds "Die innere Sicherheit" und Paul Greengrass´ "Bloody Sunday" über Hubert Saupers "Darwin´s Nightmare" und Rithy Panhs "S-21, La machine de mort Khmère rouge" bis zu Sergei Loznitsas "Maidan" und Joshua Oppenheimers "The Look of Silence".