Heidi Harsieber - Selbstporträts

Heidi Harsieber absolvierte nach einer Fotografinnenlehre eine Ausbildung an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Zu Beginn ihrer Karriere war sie die jüngste Profifotografin Österreichs. Neben der gewerblichen Fotografie für die Geschirrbranche und Industrie begann sie bereits in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren ein eigenständiges, künstlerisches Werk zu entwickeln. Von 1977 bis 2001 lehrte sie an der Universität für angewandte Kunst in Wien.

Harsieber bezeichnet sich selbst als „unverbesserliche Handarbeiterin“, ihre technische Versiertheit in allen Bereichen, von der Belichtung bis zur Ausarbeitung, ist für ihre Fotografien charakteristisch. Sie experimentiert mit Polaroids, sie arbeitet analog, häufig mit einer Mittelformatkamera und vergrößert und entwickelt ihre Schwarz-Weiß-Aufnahmen selbst.

Thematisch tritt im Laufe der Jahre immer mehr der Mensch und der menschliche Körper ins Zentrum ihres künstlerischen Interesses. Harsiebers Aufnahmen kreisen um die Conditio humana: Schönheit, Zärtlichkeit, Begehren, Erotik und Liebe, genauso wie Schmerz, Alter, Einsamkeit und Tod sind darin zu finden. Bekannt wurde sie mit ihren Porträts von Künstlerkolleg:innen, aber vor allem die Inszenierung ihres eigenen Körpers verankert ihre Fotografien im Kontext der internationalen feministischen Avantgarde der 1970er-Jahre.

Die retrospektive Ausstellung im Francisco Carolinum legt neben frühen Aufnahmen aus der Serie „Epitaph für Werner“, ihren Fokus auf das Selbstporträt. Bereits Anfang der 1970er-Jahre stellt Harsieber in einer Serie von Akten ihren Körper in Verhältnis zum Raum. Die Fotografien verhandeln die klassische Definition von Selbstporträts und markieren ein Ausloten der eigenen Identität. In den 1980er-Jahren bricht sie mit ihrem performativen Ansatz gänzlich mit kulturell geprägten Bildschemata und dem üblichen Repertoire an Gesten und Posen, die der Porträtfotografie eigen sind. Die Aufnahmen sind autobiografisch, transportieren aber eher einen Seelenzustand, ein Gefühl, als eine Bestandsaufnahme des Äußeren. In den Selbstporträts der 2000er-Jahre perfektioniert die Künstlerin ihre Art zu arbeiten. Der performative Moment tritt in den Vordergrund, sie arbeitet mit Timer, mit kalkulierten Unschärfen im festgelegten Bildausschnitt und einem Rest Zufall, der mitspielen darf. In mehr als 30 Jahren verändert sich nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch der Körper. In einer Reihe schonungsloser Aufnahmen macht die Künstlerin Spuren von Krankheit und Verfall an ihrem eigenen Körper sichtbar. Zur Klärung der Situation heißt bezeichnenderweise eine in dieser Zeitspanne entstandene Serie verschwommener, erotischer Selbstporträts vor dem Fliesenspiegel ihres Badezimmers. Der Titel ist Programm: Die Fotografie wird zum Mittel der Selbstvergewisserung und nicht zuletzt zum Zeugnis der Selbstermächtigung.

Heidi Harsieber ist bekannt für ihren einzigartigen Blick und ihr feinfühliges Gespür für Menschen, die es ihr erlauben, wie keine andere mit ihrer Kamera seltene und intime Momente festzuhalten.

Heidi Harsieber
Hand.Kamera
Kuratiert von Michaela Seiser
Bis 19. März 2023