Entleerte Innenräume, schrundige Oberflächen

Das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen präsentiert bis 12. August 2007 eine Ausstellung mit neueren Werken von Matthias Weischer, der neben Neo Rauch als bekanntester Exponent der Neuen Leipziger Schule gilt. Weischer (geb. 1973 in Elte/Westfalen) ging vom Westen in den Osten Deutschlands, um in Leipzig Malerei zu studieren.

Seine Bilder erzielen weltweit immer erstaunlichere Preise auf Auktionen und Kunstmessen. Doch beim atemlosen Hype um Markt und Preise drohen die Inhalte der Bilder beinahe aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit zu geraten. In seiner ersten Schweizer Einzelausstellung geben 25 Bilder, entstanden 2006 und 2007, Einblick in die aktuelle Arbeit des Künstlers. In Schaffhausen sind Ansichten abgelebter Innenräume und vergessener Ateliers zu sehen, in denen eine Fülle von Möbeln, Lampen, Teppichen oder Vorhängen von vergangenen Jahrzehnten berichten, als wäre die Zeit stehen geblieben. Doch wohin sind die Personen entschwunden, die hier einmal lebten und all diese Dinge in Gebrauch hatten? Mit technischer Virtuosität stellt Matthias Weischer Fragen nach Vergangenheit und kollektivem Gedächtnis. Ohne dass die Bilder auf ein bestimmtes Jahrzehnt oder Land fixiert wären, tritt abgelagerte Zeit als plastische Erinnerung hellwach und träumend zugleich in Erscheinung.

In den neuesten, zumeist kleinformatigen Bildern zeichnen sich interessante Veränderungen ab: Karge, entleerte Innenräume mit schrundigen, impressionistisch aufgelösten Oberflächen überraschen mit einer archaischen, beinahe magischen Ursprünglichkeit, als hätte der Künstler brüchige Behausungen Südeuropas oder Nordafrikas vor Augen gehabt. Vom Perfekten zum Unvollkommenen, vom Komplexen zum Einfachen, vom Lauten zum evokativ Leisen, so liesse sich der künstlerische Weg Weischers in jüngster Zeit skizzieren. Indem die neuen Bilder auf einen traumwandlerischen Zustand des halbschlafenden Schwebens vertrauen, zeigen sie auf, welche Möglichkeiten im Ungefähren zwischen Schlaf und Wachen verborgen liegen und mit den Mitteln der Malerei ins Bewusstsein gerufen werden können. Die Ausstellung wird im Anschluss von der Kunsthalle Mannheim und dem Gemeentemuseum Den Haag übernommen.

Markus Stegmann


Zur Ausstellung ist eine umfangreiche Publikation mit Texten von Rudij Bergmann und Markus Stegmann, einem Gespräch zwischen Jean-Christophe Ammann und Matthias Weischer sowie dem Werkverzeichnis der Gemälde 1998-2007 (Hatje Cantz Verlag, Hardcover, 148 Seiten, 55 CHF).

Matthias Weischer
Bis 12. August 2007