Zwischen den Kriegen

Entgegen der bisherigen Annahme, dass mit dem Zusammenbruch der Monarchie, dem Tod Gustav Klimts und Egon Schieles eine Zeit des kulturellen Niedergangs eingeleitet wurde, erweist sich der Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen in Österreich als kulturelle Blütezeit auf allen Gebieten der Wissenschaft, Musik, Literatur und Kunst.

Die veralteten Strukturen des Habsburgerreiches sind durch die kosmopolitische Weltoffenheit und Aufbruchstimmung der 20er Jahre abgelöst worden. Die bildende Kunst wird durch einen spannungsreichen Pluralismus der Erscheinungsformen im Gedankenaustausch mit der internationalen Moderne Frankreichs, Deutschlands und Italiens charakterisiert. Wie die Literatur und die Musik ist sie aber auch ein Produkt der fruchtbaren, multikulturellen Atmosphäre, welche den Geist Mitteleuropas mit den Zentren Wien, Prag, Budapest und anderen Städten der ehemaligen Donaumonarchie prägt.

Sie findet in internationalen Ausstellungen und in der Präsenz Österreichs auf Weltausstellungen und Biennalen große Beachtung. Als Teil der zentraleuropäischen, österreichischen Lebenswelt entstehen in der Ersten Republik auch auf dem Gebiet der bildenden Kunst Höchstleistungen, welche auf unvergleichliche Weise das Zeitbild widerspiegeln. Erst das Überhandnehmen von Nationalismen, Antisemitismus, antidemokratische Tendenzen und die ungelöste Identitätsproblematik der Ersten Republik führen mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zum Untergang Österreichs und zum kulturellen Tiefgang, welcher in der "Vertreibung des Geistigen" einen tragischen Höhepunkt erreicht.

Eine Ausstellung, welche die stilistische Vielfalt der Kunst in diesem Zeitraum in einzelnen Abschnitten durch Schlüsselwerke der österreichischen Malerei veranschaulicht, zeigt Bilder aus dem Leopoldmuseum, der Österreichischen Nationalbank und zahlreiche Leihgaben aus österreichischen und internationalen Museen und Privatsammlungen. Die Orientierungsphase im Zeichen des Neubeginns unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wird durch die Auseinandersetzung mit internationalen Avantgardebewegungen bereichert.

Expressiver Kolorismus, Traditionalismus und Antimodernismus stehen einander zeitgleich gegenüber wie Neue Sachlichkeit und der Kreis der Neulandkünstler. Der Hagenbund als Plattform der Moderne bildet eine historische Schwelle zur Exilkunst. Oskar Kokoschka, Herbert Boeckl, Anton Kolig, Josef Dobrowsky, Georg Ehrlich, Gerhart Frankl, Josef Floch, Georg Merkel, Albin Egger-Lienz, Wolfgang Paalen, Otto Rudolf Schatz, Wilhelm Thöny, Alfred Wickenburg, Rudolf Wacker und viele andere bedeutende Künstler der Zwischenkriegszeit sind mit Hauptwerken vertreten.

Aber auch der Frauenanteil der österreichischen Kunst dieser Zeit wird mit Arbeiten von Erika Giovanna Klien, Helene Funke, Bettina Ehrlich, Frieda Salvendy, My Ullmann und Franziska Zach u. a. hervorgehoben. Querverweise zu anderen Sparten wie Literatur und Musik, bilden einen inhaltlichen Schwerpunkt. Das begleitende Katalogbuch mit 150 Farbtafeln und einer kunsthistorischen Einführung stellt die Lebensgeschichte der Künstler in einen zeitgeschichtlichen Kontext. Weitere Abschnitte behandeln die Gegenüberstellung der Themenkreise Metropole und "Provinz", Abstraktionstendenzen, Neusachliche Malerei, Hagenbund und Aspekte der Landschaftsmalerei.


Zwischen den Kriegen
Österreichische Künstler 1918–1938
21. September 07 bis 3. März 08