Das Zentrum Paul Klee präsentiert im Rahmen seiner Dauerausstellung einen thematischen Schwerpunkt zu den Zeitschriften der Avantgarde. Anhand von rund 150 Exponaten wird die Zeitschrift als künstlerisches Experimentierfeld in den Fokus gerückt.
Im frühen 20. Jahrhundert wurden Zeitschriften zu einem wichtigen Medium der Kunst - vom Futurismus über den Dadaismus bis zum Surrealismus und darüber hinaus. Die Fokus-Ausstellung "Zeitschriften der Avantgarde" stellt 15 sehens- und lesenswerte Zeitschriftentitel vor und thematisiert darüber hinaus inhaltliche und gestalterische Aspekte der Zeitschrift als künstlerisches Experimentierfeld.
In den 1910er Jahren entwickelte sich in Europa das Phänomen der künstlerischen "Avantgarde". Zwischen 1910 und 1933 entstanden zahlreiche Strömungen, von denen viele eigene Zeitschriften herausgaben, um für ihre Vision von Kunst und Gesellschaft zu werben und auf sich aufmerksam zu machen. Heute zählen Zeitschriften mit Titeln wie "MERZ, Cabaret Voltaire, Sturm, Kentiku Sekai" oder "Habitat" zu den wichtigsten Dokumenten der globalen Moderne.
Besonders faszinierend ist ihre oft äußerst innovative Gestaltung: Viele Avantgarde-Zeitschriften nutzten Design und Typografie als Möglichkeit, radikale Ideen und Konzepte visuell erfahrbar zu machen. Sie setzten ausdrucksstarke Schriften, Farben und Formen ein und arbeiteten mit spannungsreichen Kompositionen aus Text und Bild, um Dynamik und Bruch mit der Tradition zu signalisieren. Damit sind sie Vorläufer der modernen visuellen Kommunikation und des Werbedesigns, das nach den gleichen Prinzipien arbeitet. Neu war auch, dass viele Avantgardezeitschriften mehrsprachig erschienen oder Inhalte in verschiedenen Sprachen enthielten. Diese Mehrsprachigkeit widerspiegelt die Lebensrealität vieler Vertreter:innen der künstlerischen Moderne, die unter anderem während der Zeit der Weltkriege im Exil lebten oder Migrant:innen waren. Avantgardistisch gesinnte Künstler:innen waren oft weltweit vernetzt und schmiedeten und pflegten länderübergreifende Allianzen.
Eigene Zeitschriften herauszugeben oder sich in Form von Texten daran zu beteiligen, hatte für die beteiligten Künstler:innen viele Vorteile. Der wichtigste war, die eigenen Theorien und Werke sichtbar zu machen und in der Kunstwelt zirkulieren zu lassen. Denn die meisten Avantgardezeitschriften wurden vorwiegend von anderen Kulturschaffenden oder Sammler:innen gelesen, kaum vom "breiten" Publikum. So ist es nicht verwunderlich, dass viele wichtige Titel eng mit zentralen Protagonisten der Moderne verbunden sind, etwa mit dem Berliner Galeristen Herwarth Walden, dem Künstler Tommaso Filippo Marinetti oder Le Corbusier.
Ein interessantes Detail, das sich in vielen Avantgardezeitschriften findet, sind die Anzeigenseiten für andere Avantgardezeitschriften. So unterschiedlich deren Programmatik zum Teil auch war, so gab es doch oft einen gemeinsamen Nenner - nämlich die Forderung nach einem radikalen Neuanfang, die Ablehnung des kulturellen und institutionellen Establishments, den Mut zur Selbstbehauptung und die Lust am Experiment.
Fokus. Zeitschriften der Avantgarde
Bis 16. Februar 2025