Der Condé Nast Verlag hat erstmals seine Archive in New York, Paris, London und Mailand geöffnet und Einblicke in eine Fotosammlung ersten Ranges gewährt. Die Ausstellung gibt einen repräsentativen Überblick über Modefotografie und zeichnet die Entwicklung deren nach – von den klassischen Bildkompositionen der Gründungsväter wie Edward Steichen und Georg Hoyningen-Huene über die experimentelle Fotografie von Erwin Blumenfeld, der Sexualisierung und des Voyerismus von Helmut Newton, der coolen Eleganz von Peter Lindbergh bis hin zu Arbeiten von Mario Testino und Tim Walker.
Verführerisch, provokativ, banal, exzentrisch und vorallem mächtig – Modefotografie ist schon lange nicht mehr reine Auftragsarbeit und ästhetisierende Dokumentation. Vielmehr ist sie ein einzigartiges Experimentierfeld zwischen Kommerz und Kreativität, zwischen Mainstream und Subkultur, zwischen Industrie und Kunst. So paradox sie in ihrem Wesen und ihrer Umsetzung auch erscheinen mag, seit Anbeginn der Fotografie ist sie ein wichtiger Teil unserer visuellen Kultur. Wie kein anderes Genre hält die Modefotografie nicht nur den Zeitgeist der jeweiligen Dekaden, individuelle Sehnsüchte und gesellschaftliche Träume fest, sondern beeinflusst, regt an und fordert zur Partizipation und Nachahmung auf.
Welch soziologische Dimension! Diese enorme Wirkungskraft hat der legendäre Verleger Condé Nast früh erkannt und für seine Magazine wie Vogue und Vanity Fair einen bis heute prägenden Stil entworfen. Seine Publikationen haben die Haute Couture erst zur Kunst erhoben. Mit seinem einzigartigen Gespür für die Entdeckung neuer Talente hat er die besten Fotografen entdeckt, die Karrieren renommiertester Modefotografen gefördert und damit ein ganzes künstlerisches Genre nachhaltig geprägt.Kein anderes Segment der Fotografie hat so umfangreich und permanent neue Bilder generiert und sich immer wieder neu erfunden. In der Modefotografie wurden oft als erstes neue Bildsprachen und Ästhetiken erprobt, eng verbunden mit der Weiterentwicklung der Technik. Interessanterweise wurde seit den Anfängen der Modefotografie das Objekt selbst, die Mode, zunehmend aus dem Fokus verdrängt.
Stattdessen wurde die Bildsprache des Fotografen immer dominanter, opulent inszenierte Bildkompositionen und aufwendige visuelle Gestaltung immer wichtiger und die Bedeutung der Models nahm stark zu. So war und ist das Produzieren von reinen Modeaufnahmen nicht ausreichend – innovative, unverwechselbare Styles, Trends und Images mussten kreiert, immer neue Themen und Tabus gebrochen werden. Heutzutage sind die Grenzen zur kommerziellen Fotografie auf der einen, und künstlerischen Praktiken auf der anderen Seite fliessender – immer häufiger werden klassische Modefotografien auf dem Kunstmarkt gehandelt.
Seit seiner Gründung 1909 hat der Condé Nast Verlag nicht nur Printmedien wie Vogue, Vanity Fair und Glamour etabliert, sondern über mehr als 100 Jahre das Bild von Mode und des Menschen mitgeprägt. Durch diese lange verlegerische Tätigkeit haben sich Unmengen von Fotografien in den Archiven des Verlags angesammelt, die mit Etablierung des Digitalen nicht entsorgt wurden, sondern einen einzigartigen Fundus bilden, aus dem diese Ausstellung entstanden ist. Aus diesem bedeutenden, historischen Bestand hat die Kuratorin Nathalie Herschdorfer für das Museum Bellerive eine Essenz aus 100 Jahren Modefotografie zusammengestellt – von seltenen Fotografien der Anfänge bis hin zu spektakulären zeitgenössischen Werken. Die Ausstellung umfasst rund 150 Vintage-Prints sowie Magazine im Original.
Zeitlos schön
Modefotografie von Man Ray bis Mario Testino
11. Juli bis 19. Oktober 2014