Wotrubas gebaute Skulptur am Georgenberg

Was ich immer schon machen wollte in Wien: endlich einmal hinausfahren zur Wotruba-Kirche. Und zufällig erfuhr ich von der aktuellen Ausstellung im Belvedere 21. Museum für zeitgenössische Kunst: "Wotruba. Himmelwärts". Na, das war ja ein intensives Angebot, mich ausführlich damit zu beschäftigen. Irgendwo am Rand der Stadt, am Rand des Waldes, und nicht weithin sichtbar, steht die begehbare Skulptur einfach da – ein überdimensionales Kunstwerk. Scharfkantige Volumina, verschachtelt und freilassend, im Spiel mit Licht und Schatten, als Raum-Körper in hunderten Brechungen von Außen ins Innere gewendet. Die neuen Adaptierungen für barrierefreie Zugänglichkeit hätten vielleicht noch etwas zurückhaltender sein können, doch das wird rasch ausgeblendet, sobald die paar Treppen erklommen sind und das beeindruckende Bauwerk die Betrachterin in den Bann zieht.

"Mich verlocken die abenteuerlichen, unvorhergesehenen konstruktiven Möglichkeiten in der Architektur und ich bin Gott sei Dank frei von gewissen Vorurteilen, denen die Fachleute erliegen. Wenn ich hier trotzdem zuletzt ein Prinzip der Ordnung aufstelle, dann deswegen, weil ich denke, dass der Glaube eine Art Zuflucht aus dem Zweifel und dem Chaos zur Insel der Ordnung wird. Mein Auftrag ist, eine Insel zu bauen, die trotz ihrer Kleinheit und trotz ihrer Dürftigkeit ein Kleinod, eine Kostbarkeit vorstellen soll." Das schreibt Fritz Wotruba zum Auftrag, für den Orden der Karmelitinnen in Steinbach bei Wien ein Kloster samt Kirche zu entwerfen, unter dem Titel "Wenn der Mensch ein Gehäuse für sein Menschtum baut".

Ein maßstabsloses plastisches Model der Klosterkirche wurde 1968 präsentiert und heftig diskutiert. Man zweifelte an den architektonischen Lösungen des Bildhauers Wotruba und Kardinal Franz König sagte das Klosterprojekt schlussendlich ganz ab. Unbeirrt machten sich der Erbauungsverein und die Erzdiözese Wien dann doch an die Realisierung der Kirche "Zur Heiligsten Dreifaltigkeit" – aber auf dem Georgenberg in Wien-Mauer und unter der Leitung des jungen Architekten Fritz G. Mayr. Dieser konnte Wotruba, der die Kirche eigentlich in Stein konzipierte, vor allem aus statischen Gründen vom Baustoff Beton überzeugen. Als Wotruba 1975 starb, stand ungefähr ein Drittel des Baus, für die Innenausstattung griff man auf frühere Entwürfe Wotrubas für eine Kirche in Luzern zurück.

"Der Grundriss dieser Kirche widerspricht den gängigen Vorstellungen, weil er sich zum Prinzip der Asymmetrie bekennt. Wenn dieser Bau glückt, wird er von großer Dynamik und Dramatik sein. Das scheinbare Chaos, das durch die Anordnung asymmetrischer Blöcke entsteht, sollte zuletzt eine harmonische Einheit ergeben. Eine Einheit bestehend aus vielen Teilen, unterschieden durch Form und Maß. Das Ziel ist: Ordnung – Gesetz – Harmonie. Elemente, ohne die der Glaube nicht auskommt. Eine Gemeinschaft besteht aus Einzelnen, aus Individuen. Ist ihre Gemeinschaft eine glückliche, dann kann man sie als eine harmonische bezeichnen. Das ist das Problem unserer Zeit und auch das der Kirche.“ Fritz Wotruba, "Die Kirche am Georgenberg", 1975.