Im August schrieb ich in einer Rezension des lesenswerten Kriminalromans "Die letzte Sure" von Zoe Ferraris (pendo Verlag), die US-Autorin, die mit einem saudi-palästinensischen Beduinen in Dschidda verheiratet war, schildere zwar die wahabitische Gesellschaft recht realistisch, aber die Wirklichkeit Saudiarabiens zeige sich doch klarer in einem aktuellen Gerichtsverfahren.
Eine 19jährige Schiitin in Katif war im Vorjahr von einem flüchtigen Bekannten mittels eines Fotos, das sie und ihn zusammen zeigte (in Saudiarabien ist die Zusammenkunft von Nicht-Verwandten verschiedenen Geschlechts bereits ein Vergehen) zu einem Treffen in einem Auto erpresst worden, bei dem sie von sieben sunnitischen Männern insgesamt vierzehn Mal vergewaltigt wurde, wobei der Bekannte bestreitet, dass er das so eingefädelt habe. Die Frau war damals verlobt, jetzt ist sie verheiratet, und ihr Gatte hatte die Klage gegen die Vergewaltiger eingebracht. Wie die "Saudi Gazette" in einem anonymen Interview berichtete, wurde die Frau in der ersten Instanz zu 90 Peitschenhieben verurteilt.
Jetzt, im Dezember, interessiert sich auch ein Teil unserer Zeitungen für den Fall. Mittlerweile hat nämlich ein Berufungsverfahren stattgefunden, mit dem Ergebnis, dass die Frau wegen Ehebruchs zu einem halben Jahr Gefängnis und zu 200 statt 90 Peitschenhieben verurteilt worden ist. Die Vergewaltiger erhielten Gefängnisstrafen zwischen 2 und 9 Jahren. Während des Prozesses hatten die Männer der Frau im Gerichtssaal offen drohen und obszöne Gesten machen können und der Richter erklärte, die Männer, die das Paar im Wagen beobachtet hätten, seien in ihrem religiösen Denken "provoziert" worden. Der Verteidiger der Frau, der die Berufung eingebracht und die Medien informiert hatte, wurde vom Gericht als "respektlos" eingestuft und verlor seine Anwaltslizenz.
Die US-Regierung zeigte sich über das Urteil "erstaunt". Klar, sind doch früher in Texas schwarze, angebliche Vergewaltiger vor dem Lynchen immer kastriert worden ...