"Wonderland" in der Albertina modern

Die dritte Ausstellung der Albertina modern greift auf den reichen Sammlungsbestand der Albertina zurück. Über hundert Meisterwerke werden in sieben Kapiteln von Andy Warhol bis Roy Liechtenstein, Anselm Kiefer bis Katharina Grosse, Ad Reinhardt bis Cecily Brown, Marc Quinn bis Erwin Wurm, von Albert Oehlen bis Markus Schinwald gezeigt.

Die Schau spiegelt das große Spektrum an zeitgenössischer Kunst aus allen Sammlungen der Albertina nach 1945 wider und setzt räumlich Schwerpunkte: Von der Popkunst und ihren zeitgenössischen Ausläufern (Tom Wesselmann, Andy Warhol, Alex Katz) über die abstrakt expressionistische Malerei von (Cecily Brown, Katharina Grosse und Wolfgang Hollegha) bis zu einer Zusammenschau der großen deutschen Maler (Baselitz, Penck, Anselm Kiefer, Jörg Immendorff und Markus Lüpertz). Georg Baselitz, der zuletzt 80 Jahre alt wurde und die Kunstwelt auf den Kopf stellte, wird Maria Lassnig gegenübergestellt. Enfants terribles wie Gelatin und Franz West bringen sich hingegen für eine anarchische Antikunst in Stellung.

Mit "Wonderland" etabliert die Albertina Österreichs wieder eine komplette Neuaufstellung ihrer Sammlung. Im Grunde handelt es sich hier um eine Ausstellung von mehreren Ausstellungen, die sich aufeinander beziehen, die lose miteinander verbunden und dennoch unabhängig voneinander existieren können. Gegenwelten treffen hier aufeinander.

Der große Mittelsaal widmet sich den deutschen Individualisten. Hier begegnen uns starke Individuen, deutsche Künstler, die die Last der Geschichte, die Last der deutschen Vergangenheit zum Ausgangspunkt ihrer Kunst gemacht haben: Anselm Kiefer, Georg Baselitz, der die NS-Vergangenheit kritisiert, Markus Lüpertz, der die Militarisierung der deutschen Gesellschaft anprangert, Penck, der in der DDR mit Malverbot belegt und ausgestoßen wurde oder Immendorff, der die deutsche Teilung, weil sein eigenes Leben und Sterben immer wieder aufs Neue davon abhing, verarbeitet. Diese alten Künstler sind in ihrer Wirkung auf die Kunst gar nicht zu überschätzen, obwohl sie nie Teil einer Gruppe gewesen sind. Vielleicht erklärt gerade das ihren seit Jahrzehnten anhaltenden Erfolg, ihre dominante Stellung in der Kunst.

Kein Weg führt auch an der Pop-Art vorbei, wenn man sich im Land zeitgenössischer Kunst bewegt. Wir erleben sie hier jedoch, trotz der ihr innewohnenden, farbexpressiven Schlagkraft in ihrer Zerbrechlichkeit: Harold Ancarts Streichholz wird in wenigen Sekunden abgebrannt sein, wir finden kopulierende Skelette vor, die Badenden von Alex Katz zeigen eine brüchiges Glücksversprechen. Doch auch das liegt im Auge der Betrachter und seiner Perspektive.

Wonderland
bis 19. September 2021