17. April 2007 - 10:00 / Walter Gasperi / Filmriss
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In klassischer Manier erzählt der britische Sozialrealist Ken Loach, wie aus dem irischen Unabhängigkeitskrieg ein Bürger- und Bruderkrieg wird, als die Nationalisten einen Kompromiss mit den englischen Imperialisten eingehen und die sozialistischen Ideale verraten.

Eigentlich möchte sich der junge Damien (Cillian Murphy) aus dem Kampf der Rebellen gegen die brutalen britischen Besatzer heraushalten und in London eine Stelle als Arzt antreten. Als er jedoch Zeuge eines Überfalls der britischen »Black and Tans« auf einen Bauernhof wird, bei dem ein junger Mann zu Tode geprügelt wird, und als er sieht wie ein sich zur Wehr setzender Lokführer verprügelt wird, bleibt er in Irland und schließt sich den Freiheitskämpfern um seinen Bruder Teddy (Padraic Delaney) an.

Schläge gegen die britische Armee führen zu Gegenschlägen: Während die Briten auf der einen Seite um Informationen zu erhalten foltern und Rebellen hinrichten, exekutieren die Iren auf der anderen Seite Verräter. Aus dem Arzt wird ein Mörder und das Land blutet. Noch schlimmer kommt es, als die Besatzungsmacht einen Vertrag mit relativer Selbstbestimmung der Iren anbietet und die Verhandler unterzeichnen. Der Kompromiss – ein fauler, wie der Film betont, denn die Besitzverhältnisse bleiben dadurch die gleichen, nur die Macht verschiebt sich von den Briten auf einheimische Großgrundbesitzer und die Farbe der Flagge wechselt – löst einen Bürger- und Bruderkrieg aus. Denn Teddy unterstützt den Vertrag und agiert auf Seiten der legitimierten Nationalisten, während Damien weiter den Kampf für ein sozialistisches Irland führt. – Ein Kampf gegen den nun auch die katholische Kirche wettert.

Wie schon in dem im spanischen Bürgerkrieg spielenden »Land and Freedom« erzählt Ken Loach vom Scheitern sozialistischer Ideale an der Spaltung des eigenen Lagers, hervorgerufen freilich durch das Verhandlungsgeschick und die Lockangebote der Gegner. Einen politischen Film hat der Brite damit gemacht, in dem man laut Loach auch Kritik an der britischen Irak-Politik und ein Bekenntnis zum Widerstandsrecht gegen imperialistische Besatzer sehen soll. Auch - und das macht den Film problematisch - Gewalt und terroristische Akte werden dabei als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Ziele als legitim dargestellt.

Politisch, im Sinne von die konventionellen Erzählstrukturen durchbrechend, hat Loach »The Wind That Shakes the Barley« – der Titel ist einem irischen Freiheitslied entnommen – allerdings nicht gemacht, denn er bedient sich souverän der Strategien des klassischen Erzählkinos. Die Form steht ganz im Dienst der Story.

Mit prägnanter Figurenzeichnung, dem charismatischen Cillian Murphy in der Hauptrolle und einer stringenten Handlungsführung wird die Spannung durchgehend hoch gehalten. Mit historischer Genauigkeit wird die Zeit rekonstruiert und geschickt wird das Geschehen in die grüne irische Hügellandschaft eingebettet. Die Rollen sind klar verteilt. Ausführlich zeigt Loach die Gräueltaten und Folterungen der gesichtslos bleibenden Besatzer, die Iren werden dagegen als aufrechte idealistische Freiheitskämpfer gezeichnet. Der Brite versteht es den Zuschauer zu emotionalisieren, leidenschaftlich und packend zu erzählen.

Aufgelöst werden die klaren Freund-Feindbilder allerdings durch die Spaltung der Iren. An die Stelle des Kampfes gegen fremde Besatzer treten nun interne Diskussionen, ob pragmatisches Handeln oder das Festhalten an Idealen und Fortsetzung des Kampfes richtig ist. Loach steht zwar eindeutig auf der Seite der Sozialisten um Damien und sieht im Pragmatiker Teddy nun einen Verräter, doch die Frage, ob die Opfer, die eine Fortsetzung des Kampfes gegen die Briten bedeutet hätte, gerechtfertigt gewesen wären, bleibt im Raum stehen.

In der politischen Entwicklung, die dabei geschildert wird, erinnert »The Wind that Shakes the Barley« freilich auch an Luchino Viscontis großes Geschichtsepos »Il Gattopardo« (1963). Wie dort im entstehenden Italien der Sozialismus vom aufkommenden Bürgertum sofort unterbunden und die Sozialisten, die den Freiheitskampf und die Revolution weiter treiben wollen, exekutiert werden, so setzt sich auch hier eine bürgerliche Ordnung durch und die Sozialisten bleiben auf der Strecke. Dadurch dass Loach und sein Drehbuchautor Paul Laverty diese gegensätzlichen Positionen an einem Bruderpaar exemplifizieren und so in einer familiären Konstellation die nationale Spaltung spiegeln, multipliziert sich freilich die tragische Dimension des hoffnungslos endenden Films.

Wird am Dienstag, 5.2. und am Freitag, 29.2. jeweils um 20.30 Uhr am Spielboden Dornbirn gezeigt (O.m.U.)

Die Meinung von Gastautoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. (red)

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