Wild wuchernde Kosmen

Kai Althoff (geboren 1966 in Köln, lebt und arbeitet dort) ist wohl einer der aussergewöhnlichsten Vertreter einer jungen Generation deutscher Künstlerinnen und Künstler mit grosser internationaler Ausstrahlung und Bedeutung. Eine Ausstellung in der Kunsthalle Zürich stellt das erste grosse Einzelausstellungsprojekt des Künstlers seit langem in Europa dar, und in der Schweiz ist es gar seine erste Präsentation überhaupt.

Althoff setzt ein breites Spektrum an Medien ein, von der Skulptur über die Installation, den Film und die Fotografie, bis hin zu Performance, Rockmusik, Druckgrafik und Buchgestaltung. Seine Arbeit ist immer geprägt von narrativen Elementen. Diese erscheinen - vor allem in seinen Installationen - als Orte von Handlungen und Geschehnissen, um die das gesamte Werk des Künstlers kreist, auch wenn er mit einzelnen Gemälden, mit Plastiken, Platten und Konzerten seiner Gruppen Ashley"s, Fanal oder Workshop hervortritt.

Alle Arbeiten Kai Althoffs sind von einem bedrängenden, intensiven und unausweichlichen Konflikt zwischen Schönheit und Zerstörung durchdrungen, ein Konflikt, der auch in seinen Gemälden ersichtlich ist, die mit altmeisterlicher Technik, neo-romantischer Aufladung und atemberaubender Kompositionstechnik - im Kontrast zu ihren sentimentalen wie schockierenden Inhalten - beeindrucken. Althoffs Installationen sind wuchernde Kosmen, die einem wild verführen, eine Verführung, die sich bis zum körperlichen Widerwillen steigern kann (oft auch "unterstützt" durch Gerüche, verfallende Materialien oder ästhetischen Grusel, die der Künstler in die ästhetische Oberflächenverführung seiner Arbeiten verwebt).

Die Themen des Werks von Kai Althoff sind tief verwurzelt im Verhältnis des Individuums zu den Bedingungen und Formulierungen gemeinschaftlichen Verhaltens, Haltens und den Regelungen gesellschaftlichen Lebens. Die Ästhetik und die Rituale seiner Jugendzeit im Westdeutschland der 1970er Jahre dringen immer wieder durch als Thematisierung von "körperlichen, seelischen, sexuell konnotierten Erfahrungen von Dominanz, Verletzung und zweifelhafter Moral" (Katalog Berlin Biennale 2006).

Seine Arbeiten kreisen um Jugendclubs, Wohnhöhlen pubertären Aufstands, religiös verbrämte Environements, fantastische, mythologische und traumhafte Szenerien. Dabei stellt Althoff immer wieder das Funktionieren gemeinschaftlicher Formen als utopische Dimension in Aussicht, und er befragt unsere Verhaltensformen auf die Bedeutung von Liebe, Nächstenliebe, Vertrauen und die Möglichkeiten individueller Freiheit. Dies äussert sich nicht zuletzt in seinen sprachlichen Produktionen und den Titeln seiner Arbeiten, die fast immer einer poetischen Individual-, wenn nicht gar Geheimsprache, gleich kommen und stets auch die Frage nach der Verständigung und Kommunikation des Individuums mit der Gesellschaft stellen.

Zentral wird in der Kunsthalle Zürich die 2005 in Los Angeles zum ersten Mal gezeigte Arbeit "Solo für eine befallene Trompete" (eine Zusammenarbeit mit Lutz Braun) zu sehen sein. Daneben umfasst die Ausstellung wichtige Installationen des Künstlers aus den letzten zwei Jahren, die bis anhin in Europa noch nicht gesehen werden konnten, Gemälde, Zeichnungen, Installationen aus Sammlungsbesitz sowie neueste, speziell für die Räume der Kunsthalle konzipierte Arbeiten.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der eine Fiktion des Künstlers mit von Kai Althoff selbst oder unter pseudonymen Namen als Essayist über seine Arbeiten geschriebene Texte versammelt. Auch auf der Bildebene wird Althoff Fiktion und Realität vermischen und einen "erfundenen" Repräsentationskatalog zur Ausstellung verfassen. Der Katalog erscheint im JRP|Ringier Buchverlag mit internationaler Distribution und wird ca. 164 Seiten umfassen.

Kai Althoff
10. November 07 bis 13. Januar 08