Wenn Masken tanzen

2007 erhielt das Museum Rietberg eine Sammlung von über fünfzig Buta-Masken und Skulpturen von Heidi und Hans Kaufmann geschenkt. Dank dieser Schenkung kann sich das Museum Rietberg dem bisher weltweit kaum beachteten Thema "Volkskunst" in einer Sonderausstellung vertieft zuwenden. Die Objekte, welche Butas, lokale Götter und Heroen repräsentieren, werden noch heute gefertigt und in den Ritualen verwendet. Sie sind alle kaum älter als hundert Jahre.

Sie gehören zur hinduistischen Volksreligion, die sich durch ihre Götter und Praktiken vom brahmanischen Hinduismus unterscheidet. Besonders spektakulär sind die grossen Buta-Masken in Tiergestalt wie die Maske des Büffeldämons Maisandaye, des Tigers Pillichamundi oder des Ebers Panjurli. Die Ausstellung zeigt auch ein komplettes "Kostüm" eines Tänzers: Den grandiosen Rückenputz, einen Aufbau von mehren Metern Höhe, die Symbole der Götter wie Glocke und Schwert sowie den Kopf- und Armschmuck. Zahlreiche eindrückliche Feldfotos sowie ein Dokumentarfilm dokumentieren Herstellung und Verwendung der Masken und vermitteln einen authentischen Eindruck dieser rituellen Theatertradition, die so noch heute in Südindien lebendig ist.

Der kulturelle Kontext: Rituelles Theater in Südindien Die gezeigten Masken werden zu bestimmten Festen von professionellen Tänzern getragen, die die Götter verkörpern: Zunächst begeben sie sich in einen Zustand der Trance. Dann ergreifen die Götter Besitz von ihnen. Als Gott nehmen sie dann Opfer und Wünsche an, lösen Konflikte, sprechen Recht, heilen Kranke und festigen die Machtverhältnisse im Dorf.

Die Masken werden auf zweierlei Weise von den Darstellern getragen: Entweder verdecken sie das Gesicht das Darstellers vollständig oder die Maske ist an einem speziellen Kopfschmuck befestigt, der den Körper des Tänzers nicht berührt. Masken werden am Altar oder in einer speziell für diesen Zweck hergestellten Schaukel geweiht und verehrt, bevor sie für die rituelle Darstellung, in der sie einen festgelegten Platz haben, angelegt werden.

Hinter den Maskentänzen verbergen sich faszinierende Mythen, die in Liedern von Männern und Frauen während des Festes gesungen werden. Auswendig gelernt, werden sie mündlich von einer an die nächste Generation weitergegeben. Sie beschreiben die Geburt des Gottes, die Hindernisse, die der Gottheit begegneten. Sie handeln von Helden, von ihrem Mut und ihrem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, bei dem sie oft in tödliche Gefahr geraten. Da die Maskentänzer aus den weniger privilegierten Gesellschaftsschichten kommen, verleihen ihre Lieder auch dem Schmerz der Unterdrückten oder gar ihrem Protest gegen die herrschenden Kasten Ausdruck.

Katalog
Die Ausstellung begleitet ein deutscher Katalog: Der indische Metallkünstler und Folkloreforscher Balan Nambiar präsentiert erstmalig allgemeinverständlich eine Einführung in die Herstellung und Verwendung der Masken in Tulunadu und illustriert seinen Aufsatz mit spektakulären Fotos.

Die renommierte deutsche Indologin und Tulu-Spezialistin Heidrun Brückner veröffentlicht im gleichen Band erstmalig den integralen Gesang des Büffelgottes Maisandaye in deutscher Übersetzung. Sie macht damit einen ursprünglich nur mündlich tradierten Text nun einem weiten Leserkreis zugänglich.

Ergänzt wird der Katalog durch eine Spezialuntersuchung von Heidrun Brückner, die gleichzeitig in englischer Sprache bei Otto Harrassowitz in Wiesbaden erscheint.


Wenn Masken tanzen – Bronzekunst aus Südindien
17. Mai bis 18. Oktober 2009