Was steht im Mueller-Report?

8. April 2019 Kurt Bracharz
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Der Mueller-Report gibt zu denken. Vor allem über den Zustand der Medien. Was ist geschehen? Der Sonderermittler Robert Mueller hat endlich seinen Bericht beim Justizminister William Barr abgeliefert und dieser hat dem Kongress eine von ihm selbst verfasste Kurzfassung vorgelegt. Mueller hatte mehrere Versionen einer solchen Zusammenfassung mitgeliefert, auf deren unmittelbare Verwendung Barr verzichtete. Trump erklärte, den Bericht zwar nicht gelesen zu haben, aber von allen Vorwürfen reingewaschen zu sein. Mitarbeiter aus Muellers Team haben durchsickern lassen, dass Barr zumindest einiges unter den Tisch fallen ließ, was im Bericht über die Behinderung der Justiz steht. Die Demokraten verlangen die Veröffentlichung des ganzen Berichts, Barr (der von Trump ebenso schnell aus seinem Amt entfernt werden kann wie sein Vorgänger) kündigt eine „redigierte Fassung“ an. Wie es aussieht, hat Mueller nichts Konkretes zum Vorwurf umfassender Absprachen des Trump-Teams mit Russland im Wahlkampf 2016 finden können, aber Indizien zum Vorwurf der Justizbehinderung gesammelt. Man ist also nach Muellers zweijähriger Arbeit im Grunde so schlau wie vorher.

Bei den Russland-Beziehungen ist das Wort „umfassend“ der springende Punkt. Über Trumps Russlandreise 2013 und den folgenden regen Verkehr von Trumps Leuten wie Jared Kushner, Paul Manafort oder Michael Cohen mit russischen Partnern besteht ja kein Zweifel, und Trump selbst hat als Kandidat Russland aufgefordert, Hillary Clintons gelöschte E-Mails zu veröffentlichen. Am 27. Juli 2016 sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung: „Russland, wenn du zuhörst ... ich hoffe, ihr könnt die dreißigtausend E-Mails finden, die verschwunden sind. Vermutlich wird unsere Presse euch dafür extrem dankbar sein.“ Und er stieß in seinem Lieblingsmedium Twitter nach: „Wenn Russland oder irgend ein anderes Land bzw. eine Person Hillary Clintons dreißigtausend illegal gelöschte E-Mails besitzt, dann solltet ihr vielleicht das FBI daran teilhaben lassen.“ Die Russen konnten liefern und taten es auch, obwohl Trump, vermutlich inzwischen von Ivanka oder Jared bestürmt, einen Tag später getwittert hatte: „Das war natürlich ironisch gemeint.“ Auch die Sache mit der New Yorker Filiale der Deutschen Bank gehört zum Trump-Russland-Komplex, auch wenn die Banker wohl klug genug waren, die Spuren zu verwischen. Es kann natürlich ein Zufall sein, dass die Deutsche Bank dem als notorischem Schuldner bekannten Pleitier Trump Millionen nachwarfen, ohne dass man dafür einen vernünftigen Grund erkennen kann, allerdings zur selben Zeit, als sie Geldwäsche in Milliardenhöhe mit Geldern aus russischen Politiker-, Oligarchen- und Geheimdienstkreisen betrieb. Wie gesagt, kein Russe hat Trump persönlich einen Geldkoffer übergeben, das zeitliche Zusammenfallen kann auch ein Zufall sein. Allerdings ist das New York State Department of Financial Services der Ansicht, dass es sich nicht um einen Zufall handelt.

Der stärkste Vorwurf der Behinderung der Justiz ist der Fall Comey: Trump forderte den FBI-Direktor Comey auf, gegen den Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn nicht zu ermitteln, und feuerte ihn, als er auf den Anruf nicht reagierte. Aber auch hier gibt es Anwälte, die der Ansicht sind, der amerikanische Präsident könne so handeln – also den FBI-Chef per Telefonanruf aus dem Amt entfernen, wenn ihm seine Nase nicht mehr passt. Die USA sind eben das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Was ich einleitend über unsere Medien gesagt habe, war auf die überschäumende Freude der schreibenden Trumpisten und Putinisten zurückzuführen, die wie Trump selbst sofort verstanden, Mueller habe ihn vollständig entlastet, die Russland-Verbindung sei eine reine Verschwörungstheorie und die „Hetze“ gegen Trump sei nun unwiderruflich zu Ende. So etwas steht nicht nur in den Blättchen der Identitären und der FPÖ, sondern auch in schwarzen und türkisen Zeitungen. Man weiß nicht recht – haben diese Leute geglaubt, man werde Fotos von Trump und Putin gemeinsam im Bett finden oder ein ernsthafteres Schreiben als der obige Tweet an Putin, er möge ihn bei der Wahl unterstützen, oder wie plump haben sie sich die russische Hilfe für Trump vorgestellt? Mit so Handfestem war nicht zu rechnen, auch wenn man sich fragt, warum Trump sich so panisch vor den Mueller-Ermittlungen gefürchtet hat. Nur schlechtes Gewissen wird’s nicht gewesen sein, man hat nicht den Eindruck, dass Trump überhaupt ein besonders ausgeprägtes Gewissen hat. Also warum zuerst das von vielen Zeugen berichtete Hangen und Bangen und jetzt die Begeisterung angesichts des anscheinend nichtssagenden Ergebnisses? Wir werden sehen – sobald der Bericht vollständig veröffentlicht ist, was in einer angeblichen Demokratie wie den USA eigentlich kein Problem sein sollte.