Wahlheimat am Rhein

Im Themenjahr des "Künstler-Ich" widmet sich das Arp Museum Bahnhof Rolandseck in einer ersten umfassenden Retrospektive dem ungarischen Bildhauer Lajos Barta (1899 – 1986). Die Ausstellung erinnert an den charismatischen Menschen und Künstler sowie seine spannende, durch die Zeit- und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts tief geprägte Biografie.

Erst spät setzte sich Barta mit der Abstraktion, dem beherrschenden künstlerischen Thema des 20. Jahrhunderts auseinander und schuf 1943 in Budapest seine erste nicht-gegenständliche Zeichnung. Im Jahr darauf konnte er der Verfolgung durch das Nazi-Regime entkommen und überlebte im Untergrund.

Nach 1945 gehörte Barta zu den führenden Künstlern der Avantgarde in der Künstlergruppe "Europäische Schule". Im Stalinismus der ungarischen Volksrepublik ab 1950 wurden ihm als abstraktem Künstler jedoch die Existenzgrundlagen entzogen. Barta geriet in den ideologischen Machtkampf zwischen Ost und West. Mitten im Kalten Krieg ging er 1965 für immer in den Westen und kam durch Vermittlung eines Schweizer Freundes an den Künstlerbahnhof Rolandseck.

Die in der Ausstellung präsentierten rund 40 abstrakten Plastiken und 90 Zeichnungen umfassen im Schwerpunkt die 1940er und 1950er Jahre. Bisher nie öffentlich gezeigte Zeichnungen geben Einblick in die faszinierende Welt der frühen surrealistischen Phase Bartas und dokumentieren sein Œuvre aus der Zeit der inneren Emigration während des Stalinismus.

Nach dem Aufstand 1956 entspannte sich die Lage und es entstanden auch abstrakte Zeichnungen mit humorvoll homoerotischer Konnotation. Die Auswahl an Plastiken konzentriert sich auf Modelle der 1950er und 1960er Jahre, die in Ungarn und in der zweiten Heimat Bartas, im Rheinland, als Monumentalplastiken im öffentlichen Raum realisiert werden konnten.

Nie zuvor wurden diese Bronzen, die noch heute in Budapest, Köln, Bonn und weiteren Rheinstädten stehen, als Werkgruppe zusammengeführt, obwohl sie zu den Meisterwerken Bartas gehören. Bartas Skulpturen sind in bedeutenden Sammlungen wie zum Beispiel im Centre Pompidou und in der Nationalgalerie Ungarns vertreten.

Im Rheinland bilden sie, öffentlich zugängig, sein künstlerisches Vermächtnis. Einige dieser Entwürfe entstanden im Bahnhof Rolandseck, wo Barta von 1965 bis 1967 lebte und arbeitete. Eigens für das Rheinufer in Remagen realisierte er die dynamische Großplastik "Liebeskraft". Ein wieder entdecktes Filmfragment vermittelt in der Ausstellung einen lebendigen Eindruck des Künstlers bei der Arbeit.

Wahlheimat am Rhein
Der Bildhauer und Zeichner Lajos Barta
8. November 2013 bis 23. März 2014