Vor und nach dem Tag

An den Rändern des Gegenständlichen untersucht Conrad Steiner (*1957 in Schaffhausen, lebt in Berg/TG) die Flüchtigkeit malerischer Form. Das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen zeigt ausgewählte Bilder der letzten fünf Jahre und gibt Einblick in eine differenzierte Malerei, welche die produktiven Möglichkeiten des Veränderlichen auslotet.

2005 erhielt Conrad Steiner ein Atelierstipendium des Kantons Schaffhausen in Berlin. Die Arbeiten, die während und im Anschluss an den halbjährigen Aufenthalt entstanden, lösen seine gestisch-abstrakten, nicht an definierbare Flächen gebundenen Bilder ab. Ins Gegenständliche führende, an architektonische Elemente und ornamentale Strukturen erinnernde Formen bestimmen nun den Bildaufbau. Sie sind karg und trocken, hart und brüchig. Manchmal treten sogar silhouettenartige Figuren in Erscheinung, die seitlich in die Bilder ragen und damit ihren Standpunkt und ihre räumliche Lage offenlassen. Die menschliche Figur ist als Chiffre präsent, legt sich jedoch erzählerische Zurückhaltung auf und erscheint eher als Zeichen der Anwesenheit denn als sprudelnde Quelle der Narration.

Die nachfolgenden Bilder der letzten drei Jahre reduzieren ihre gegenständliche Aussage zugunsten der Abstraktion. Jedoch erlauben auch hier minimale landschaftliche, figurative oder architektonische Merkmale Erinnerungen an die äussere Wirklichkeit. Sobald das Ahnbare genauer überprüft werden kann, ist es allerdings mehrdeutig geworden, hat sich verkantet, verstellt und verflüchtigt. Deckende, undurchdringliche Flächen stehen neben transparenten, in die Tiefe führenden und schaffen durch die stetig wechselnden Beziehungen zueinander immer neue Raumwahrnehmungen. Conrad Steiner versetzt die Farbfelder seiner Bilder in einen mäandernden Dialog, der ganz dem Vorübergehenden vertraut, den fortwährenden Umschichtungen und unvorhersehbaren Veränderungen.

Neben der Malerei der letzten Jahre zeigt die Ausstellung eine Serie von Polaroids, die 2008 in Schiers/Graubünden entstanden ist. In den nachträglich bearbeiteten Fotografien betritt Conrad Steiner vielschichtige, traumartige Orte und befragt unsere Wahrnehmung von Raum, Privatem und Öffentlichem. Markus Stegmann

Publikation: Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Texten von Manuela Reissmann, Markus Stegmann und einem Interview mit Conrad Steiner und Sibylle Omlin. Verlag für moderne Kunst Nürnberg, Hardcover, 72 Seiten, 52 Farbabbildungen, CHF 28.00.

Conrad Steiner - Vor und nach dem Tag
12. Dezember 2010 bis 27. Februar 2011