Von Cowboys und Indianern

Die Darstellung des Lebens der Indianer Nordamerikas steht im Mittelpunkt der Ausstellung "Go West" in der Kunsthalle Krems. Der europäische Blick auf die Ureinwohner Amerikas wurde von Anfang an von Klischees geprägt und ist bis heute sehr stereotyp. Den "edlen Wilden" stellte man sich hoch zu Ross, mit Pfeil und Bogen und Federkrone vor; die große Vielfalt indianischer Lebensformen wurde nicht wahrgenommen.

Auch die Arbeiten des zeitgenössischen Künstlers Richard Hoeck zeigen, dass sich die europäischen Wild West-Klischees, die die Vereinigten Staaten von Amerika und den amerikanischen Traum verklären, im 20. Jahrhundert kaum verändert haben. Der "Wilde Westen" steht für den Mythos einer bestimmten Zivilisationsentwicklung und der Landnahme in den USA. Der Slogan "Go West" war die Verheißung unendlicher Möglichkeiten und die regelmäßige Antwort auf Krisensituationen im Europa des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. "Go West" war ein Willkommensgruß und versprach die Aussicht, durch Fleiß und Tüchtigkeit zu irdischen Reichtümern zu gelangen.

Im deutschsprachigen Raum war die Vorstellung vom Wilden Westen von den Romanen Karl Mays geprägt, der selbst nie in Amerika war. Gestellte Fotografien von Indianern mit den ihnen zugeordneten Utensilien wie Federkrone, Pfeil und Bogen verbildlichen dieses Klischee in der Ausstellung. Demgegenüber erscheinen die Bilder, die österreichische Reisende im 19. Jahrhundert von den Lebenswelten im "Wilden Westen" festhielten, hoch interessant. Der oberösterreichische Maler und Grafiker Johann Baptist Wengler unternahm in den Jahren 1850 und 51 eine große Amerikareise und brachte seine Eindrücke zu Papier.

Besonders aufschlussreich erscheinen die Genredarstellungen der Sioux-Indianer; Wengler bemühte sich, die Menschen und ihre Utensilien mit größtmöglicher Detailtreue festzuhalten. Die Grafiken werden nun, frisch restauriert, erstmals als geschlossener Zyklus gezeigt. Originalobjekte der Prärie-Indianer, die österreichische Forscher in die Sammlungen des Wiener Naturhistorischen Museums brachten, ergänzen das Bild. Darüber hinaus sind eine Reihe von Grafiken des österreichischen Künstlers, Schriftstellers und Buchillustrators Alfred Kubin zu sehen, der das Bild des Indianers auf die ihm eigene visionäre Art und Weise beleuchtet.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Krems, die gemeinsam mit den oberösterreichischen Landesmuseen organisiert wurde, setzt sich mit dem Mythos des Wilden Westens auseinander und zeigt die Lebensrealität in dieser Region aus österreichischer Sicht auf – von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Bis heute hat der Wilde Westen als Mythos nichts an Attraktivität eingebüßt. Die Traumfabrik Hollywood schuf mit dem Genre des Wild West-Films eine nach wie vor gültige Bilderwelt dieser Heimatinszenierung. Trotz der Krise des Genres in den vergangenen Jahren ist unsere Rezeption dieser Lebenswelt nach wie vor von denselben Klischees geprägt. Die spezifisch österreichische Perspektive erweist sich bei näherer Betrachtung viel facettenreicher, als man zunächst vermuten könnte.

Der zeitgenössische Künstler Richard Hoeck greift den Blick auf den Wilden Westen und unsere von Karl May und Wild West-Spielfilmen geprägten Vorstellungen davon mit Humor und Ironie auf. Die ausgestellten Arbeiten, die er gemeinsam mit dem US-amerikanischen Künstler John Miller konzipierte, zeigen Hoecks Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Westerngenres in der amerikanischen Kultur, seine Perspektive bleibt allerdings eine europäische. Er greift die Wild West Klischees auf und zeigt auf diesem Weg die Ursachen der europäischen Verklärung des amerikanischen Traums.

Die Ausstellung wurde realisiert in Zusammenarbeit mit dem Museum für Völkerkunde Wien und dem Naturhistorischen Museum. Im Anschluss geht die Ausstellung an das oberösterreichische Landesmuseum.


Go West - Von Cowboys und Indianern
6. April bis 7. September 2008