Vive l'eau-forte!

"Vive l"eau-forte!" Mit diesen Worten brachte Charles Baudelaire in der Schrift L"eau-forte est à la mode (1862) die neue Wertschätzung der Radierung pointiert zum Ausdruck. Als sich Eugène Delacroix um 1830 der Radierung zuwandte, wählte er damit eine traditionelle aber nicht aktuelle Drucktechnik. Die Radierung galt zu dieser Zeit als künstlerisch zweitrangiges Reproduktionsverfahren, das allenfalls für die Buchillustration eingesetzt wurde. Das sollte sich bald grundlegend ändern.

Mit Charles Meryon und Félix Bracquemond traten um 1850 zwei Künstler hervor, die der Radierung zu einer neuen künstlerischen Blüte verhelfen sollten. Besonders Bracquemond setzte sich aktiv für die Radierung ein, indem er befreundete Künstler wie Edouard Manet und Camille Corot ermutigte, zur Radiernadel zu greifen und sie bei technischen Fragen tatkräftig unterstützte.

Höhepunkt dieser Entwicklung bildete die Gründung der Société des Aquafortistes im Jahr 1862, der sich die namhaftesten Künstler der Zeit anschlossen. Zu den Mitgliedern zählten Delacroix, Corot, Millet, Manet, Jongkind, Pissarro u. v. a. Gemeinsam traten sie für die Förderung der Radierung ein und trugen wesentlich zu deren Anerkennung als eigenständiger künstlerischer Bereich bei. Massgeblich beteiligt am Erfolg dieser Bestrebungen war der Verleger Cadart, der den Künstlern in seinem Geschäft neben Radierwerkzeug und Säurebottichen eine Tiefdruckpresse zur Verfügung stellte. Von 1862 bis 1867 erschienen bei Cadart unter dem Titel "Eaux-fortes Modernes" in regelmässigen Abständen Mappen mit Originalradierungen verschiedener Künstler.

90 Exponate - Porträts, Stadt- und Landschaftsansichten sowie Schilderungen des alltäglichen Lebens - bieten Einblicke in ein bewegtes Jahrhundert. Als ebenso vielfältig erweist sich die künstlerische Umsetzung. Während viele Werke die Bewunderung der grossen Vorbilder Rembrandt und Goya erkennen lassen, zeugen andere von der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Die Begeisterung für das technische Experiment und das nahezu grenzenlose Erproben des Mediums zeigt sich besonders eindrucksvoll in der impressionistischen Graphik von Pissarro und Degas.

Vive l"eau-forte!
Radierungen von Delacroix bis Renoir
24. Februar bis 30. April 2010