Viennale 2018: Eva Sangiorgis erstes Programm

Die Trennung von Dokumentarfilm und Spielfilm im Programmheft hat die neue Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi zwar abgeschafft, doch davon abgesehen kennzeichnet Kontinuität ihr erstes Programm (25.10. – 8.11. 2018). Geboten werden wieder Highlights des Jahres am Fließband, dazu mehrere Schwerpunkte und in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum eine Retrospektive zum B-Film. – Der Kartenvorverkauf beginnt am Samstag, den 20.10.

Eröffnet wird die heurige Viennale mit Alice Rohrwachers wunderbar Realismus und Märchenhaftes verbindendem "Lazzaro felice", der schon eine Woche später in den österreichischen Kinos anlaufen wird. Bald im regulären Kino wird man auch Pawel Pawlikowskis in bestechenden Schwarzweißbildern und großartig elliptisch erzählte Liebesgeschichte „Zimna Wojna - Cold War“ und Hirokazu Kore-edas Cannes-Sieger "Shoplifters" bestaunen können.

Gaspar Noes in Cannes gefeierter "Climax" und der umstrittene rumänische Berlinale-Sieger "Touch Me Not" starten ebenso noch heuer in den österreichischen Kinos wie "Angelo", in dem Markus Schleinzer von der "Karriere" eines afrikanischen Jungen im Europa des 18. Jahrhunderts erzählt. Großes Kino bietet auch Wolfgang Fischers meisterhaften „Styx“, der im Gewand eines handfesten packenden Kinostücks sich mit der Flüchtlingsproblematik beschäftigt.

Vielleicht nur bei der Viennale wird man dagegen Alfonso Cuarons Venedig-Sieger "Roma" auf großer Kinoleinwand sehen können, denn die Netflix-Produktion ist in erster Linie für das Heimkino gedacht. Auch nicht mehr regulär ins Kino kommen wird wohl Paul Schraders Priesterdrama "First Reformed", das schon 2017 in Venedig für Aufsehen sorgte. Fraglich scheint auch, ob Debra Graniks meisterhafter "Leave no Trace" in Österreich in die Kinos kommen wird.

Auch die in Cannes von der Kritik begeistert aufgenommene Murakami-Verfilmung "Burning" des Koreaners Lee Changdong und der neue Film des türkischen Meisterregisseur Nuri Bilge Ceylan ("The Wild Pear Tree") feiern im Rahmen der Viennale ihre Österreichpremiere und auch Lars von Triers Serienkillerfilm "The House That Jack Built" wurde ausgewählt.

Dazu kommen aber auch einige der stärksten Filme der Festivals von Locarno und Venedig. Richard Billingshams dichtes autobiographisches Familienporträt "Ray and Liz" gehört ebenso dazu wie Yorgos Lanthimos Kostümfilm "The Favourite", Jacques Audiards Western "The Sister Brothers" und "Double Vie" des Viennale-Stammgasts Olivier Assayas.

Das asiatische Kino, das schon bei Hans Hurch gepflegt wurde, wird offensichtlich auch von der neuen Direktorin geschätzt. Der Philippino Lav Diaz wurde nicht nur mit seinem vierstündigen Musical "Ang Panahon Ng Halimaw" eingeladen, sondern zeichnet auch für den Viennale-Trailer verantwortlich. Nicht fehlen darf natürlich auch der Koreaner Hong Sang-soo, der seinen in Locarno uraufgeführten Beziehungsfilm "Gangbyun Hotel" ("Hotel by the River") präsentiert.

Renommierte Namen, zu denen auch der Mexikaner Carlos Reygadas zählt, der "Nuestro Tiempo" zeigt, bietet die Viennale damit am Fließband, aber auch unbekanntere Regisseure aus kleineren Filmnationen sollte man nicht übersehen. Gabriel Abrantes" und Daniel Schmidts "Diamantino", in dessen Mittelpunkt ein Weltfußballer steht, ist ebenso dazu zu zählen wie der in Cannes ausgezeichnete "Girl", in dem der Belgier Lukas Dhont von einem jungen Mann erzählt, der gerne Balletttänzerin wäre und sein Geschlecht wechseln möchte.

Spannendes werden aber sicher auch die Specials bieten, die dem französischen Schauspieler und Filmemacher Jean-Francois Stevenin, dem vorwiegend in den USA arbeitenden italienischen Dokumentarfilmer Roberto Minervini und dem jung verstorbenen Argentinier Jorge Acha gewidmet sind.

Und auf keinen Fall übersehen sollte man die Retrospektive, die dem amerikanischen B-Film, der 1940er und 1950er Jahre gewidmet ist und in der sicher manche dunkle und abgründige Perle zu entdecken ist.