Victor Chocquet. Freund und Sammler der Impressionisten

Im Jahr 2015 rückt die Sammlung "Am Römerholz" den Sammler Victor Chocquet (1821 – 1891) zum ersten Mal überhaupt ins Zentrum einer Ausstellung. Sie rekonstruiert exemplarisch seine Kunstsammlung und beleuchtet damit zugleich die faszinierende Geschichte eines Pioniers im Kampf für die Moderne. Dank intensiver Forschungen kann der Ausstellungskatalog zahlreiche überraschende Erkenntnisse zu dieser bedeutenden Persönlichkeit vorlegen und das Bild ihrer bahnbrechenden Epoche wesentlich erweitern.

Chocquet hatte in Paris sehr früh das Zukunftsweisende der impressionistischen Malerei erkannt, zu einer Zeit, als diese noch überwiegend heftig abgelehnt wurde. Dem über nur knappe Mittel verfügenden Zollbeamten gelang es, eine der besten Sammlungen von Bildern der Hauptvertreter des Impressionismus, von Renoir, Monet und Cézanne zusammenzutragen. Sie umfasste zudem eine gewichtige Werkgruppe von Delacroix sowie hervorragende Gemälde von Courbet und Manet.

Das Besondere der 1899 aufgelösten Sammlung machten zweifellos die zahlreichen Werke Cézannes aus, der nun auch in unserer Ausstellung den zentralen Platz einnimmt. Ein zweites Schwergewicht bilden die Arbeiten von Delacroix: Der französische Romantiker hatte Chocquets Kunstbegeisterung ausgelöst und soll ihm die Augen für die moderne Malerei geöffnet haben. Einzelne ausgewählte Gemälde von Renoir, Monet und Manet repräsentieren in der Ausstellung den dritten Schwerpunkt seiner Kollektion.

Die Ausstellung konzentriert sich auf Werke, die die Beziehung zu Chocquet besonders gut zum Ausdruck bringen und zugleich die Bedeutung seiner Sammlung exemplarisch veranschaulichen. In diesem Kontext stellen die Porträts Chocquets von Renoir und Cézanne einen einmaligen Höhepunkt dar. Die aussergewöhnlich grosse Zahl dieser Bildnisse und ihre Ausdruckskraft zeugen von der tiefen Freundschaft, die den Sammler mit seinen "Protégés" verband und reflektieren das selbstlose Engagement, mit dem er sich für ihre Anerkennung einsetzte.

Das aus dem Besitz Chocquets stammende Portrait de Monsieur Chocquet von Renoir, das sich heute in Reinharts Sammlung "Am Römerholz" befindet, gehört zu den expressivsten Darstellungen des mutigen Mäzens. Zugleich dokumentiert es nachdrücklich die Verwandtschaft der beiden Sammlungen. Die Kollektion Chocquets steht am Anfang einer sich bald darauf international verbreitenden Sammelkultur, die von Oskar Reinhart (1885 – 1965) in den frühen 1920er Jahren auf besonders eindrucksvolle Weise aufgegriffen wurde und durch ihn eine der letzten grossen Blüten erlebte. Diese historische Parallele soll auf die Bedeutung Oskar Reinharts als Sammler des Impressionismus hinweisen und Anlass sein, zum Jubiläum seines 50. Todesjahrs seiner Leistung als Museumsstifter zu gedenken.

Guillaume Victor Chocquet wurde am 19. Dezember in Lille geboren. Sein Vater, Adrien Chocquet, produzierte dort Zwirnfäden. Nach einem kurzen Studium wählte Victor den Staatsdienst und trat früh als Büroangestellter in die Verwaltung ein. 1844 wurde er nach Paris versetzt, wo er als Oberinspektor der Zollbehörde wirkte. 1857 heiratete Victor Chocquet die junge Augustine Marie Caroline Buisson aus Nonant in der Normandie. Die frisch Vermählten mussten sich mit Chocquets monatlichem Gehalt von damals 2.400 Francs begnügen. Das reichte gerade einmal für eine bescheidene Wohnung in der Rue de Rivoli 198 (Abb. 1), die jedoch einen atemberaubenden Blick auf die Parkanlage der Tuilerien ermöglichte.

Unter seiner Arbeit leidend, die ihn in keiner Weise befriedigte, ging Chocquet bereits 1877 mit 56 Jahren in Rente. Gerade in dieser wirtschaftlich für ihn schlechten Zeit stattete er die Räume seiner Wohnung mit kostbaren Kunstwerken und antiken Möbeln vor allem aus dem 18. Jahrhundert aus. Das Erbe, das seine Frau 1882 in Form von Grundbesitz und Immobilien in der Normandie erhielt, eröffnete ihm neue Perspektiven. Er konnte sich nun wichtige und teurere Gemälde leisten. Auch kaufte das Paar 1890 ein hôtel particulier in der zwischen Bourse und Opéra gelegenen Rue Monsigny 7 (Abb. 2). Chocquet starb im drauffolgenden Jahr, am 7. April 1891; seine Sammlung kam nach dem Tode seiner Frau 1899 bei der Pariser Galerie Georges Petit zur Versteigerung.


Victor Chocquet. Freund und Sammler der Impressionisten
Renoir, Cezanne, Monet, Manet
21. Februar bis 7. Juni 2015