Verbindung von Kunst und Ingenieurswesen

Die fotografische, skulpturale und zeichnerische Arbeit des aus Ungarn stammenden Künstlers Attila Csörgő führt BetrachterInnen mit Humor und Ironie an naturwissenschaftliche und technologische Fragestellungen heran – mit oft unerwarteten, kurzweiligen und poetischen Ergebnissen. Wissenszweige wie Kinetik, Optik oder Geometrie erkundet der Künstler in kontinuierlichen Versuchsanordnungen, lotet damit Fragen der Wahrnehmung aus und entwickelt Gedanken über die Konstruktion der Realität.

Indem er etwa Bewegungsabläufe oder energetische Prozesse als Lichterscheinungen auf Fotografien bannt, macht er auf Grundlage wissenschaftlicher und mathematischer Berechnungen Phänomene sichtbar, die unter herkömmlichen Bedingungen für das menschliche Auge kaum oder gar nicht wahrnehmbar sind. Seine technologischen Arrangements setzt der Künstler häufig aus alltäglichen Gegenständen und Materialien zusammen und schärft mit seinen transparenten Systemen – Element für Element – das Verständnis für das Selbstverständliche.

"Der grundsätzliche Unterschied zwischen meiner Arbeit und der eines Ingenieurs ist, dass ich transparente Systeme baue", hält Attila Csörgő über seine künstlerische Arbeit fest: "Außerdem lege ich meine Recherche – also den Prozess, der zum Ergebnis führt – offen. Nicht wie ein Computer oder andere technische Geräte, von denen wir nicht wissen, was sich im Inneren abspielt. Ich baue keine Blackboxes, sondern versuche, geschlossene Systeme bis zu einem gewissen Grad zu öffnen, auch wenn man die mathematischen Berechnungen und konzeptuellen Überlegungen, die dahinter stecken, nicht immer sieht. Die Verbindung von Kunst und Ingenieurswesen liegt bei meinen Arbeiten auf der Hand – dennoch bleibt das, was ich mache, auf alle Fälle im Bereich der Kunst angesiedelt."

Bei der Arbeit "Clock-work", die Attila Csörgő eigens für die Ausstellung in der Secession entwickelt hat und die er neben zahlreichen älteren Arbeiten in der Galerie zeigt, handelt es sich um ein experimentelles Uhrwerk, das eine Fortsetzung seiner Recherchen über die Kombination von Licht und Bewegung darstellt. An der Schnittstelle zwischen bildender Kunst und Naturwissenschaft rückt er die Lemniskate – die für die Unendlichkeit stehende Schleifen in Form einer liegenden 8, gleichermaßen konkretes mathematisches Symbol wie poetische Form – ins Zentrum seiner Auseinandersetzungen mit Phänomenen der Wahrnehmung.

Er hat eine Art "Zeitmaschine" gebaut, die sowohl als Skulptur wie auch als räumliche Zeichnung, als bewegtes Bild oder einfach als wissenschaftliches Experiment gedeutet werden kann. "Wenn wir betrachten, was der Mensch im Lauf der Zeit hervorgebracht hat," so der Künstler in einem Interview: "handelt es sich dabei meist um nur sehr flüchtige Erscheinungen. Die Formen der Mathematik hingegen sind relativ stabil, wenn nicht die stabilsten. Diese mathematischen Ideen haben – dank ihrer historischen Destillation – einen edlen Charakter. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass ich zur Konstruktion meiner Kunstwerke gerne "arme" Materialien benutze: So entsteht ein starker Kontrast zwischen flüchtigen Gedanken und konkreten Materialien."

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (dt./engl.) mit zahlreichen Abbildungen sowie einem Vorwort von András Pálffy, einem Text von Joszef Melyi und einem Gespräch zwischen Attila Csörgő und Franz Thalmair, 128 Seiten, Format: 16,5 x 2,22 cm.

Attila Csörgő
2. Dezember 2011 bis 5. Februar 2012