Valentin Ruhry. Grand Central

Mit der puristisch durchdeklinierten, raumgreifenden Installation "Grand Central" übt Valentin Ruhry subtile Kritik an den Erlebnisdimensionen moderner Konsumkultur. Im Rahmen der programmatischen Reihe "Angewandte Kunst. Heute" spielt der Künstler in seiner Einzelausstellung auf das Corporate Design der Verkaufspräsentationen internationaler Unternehmen für digitale Güter an. Die Arbeit ist vor dem Hintergrund des Themas "Dezentralität" zu lesen, einer wesentlichen Komponente der digitalen Welt, sowie von Visionen und Entwicklungen, die zeitgeistige, globale Konsumkonzepte evozieren.

Mit dem Ausstellungstitel "Grand Central" nimmt der 1982 in Graz geborene Künstler sowohl direkt als auch im übertragenen Sinn Bezug auf das Thema Dezentralität. Er benennt damit zugleich jenen Ort, an dem ein weltbekanntes Unternehmen für Computer, Software, Hardware und technologische Innovationen seit 2011 einen der größten Stores bespielt: den Grand Central Terminal in New York, der täglich von 750 000 Menschen frequentiert wird.

Die vordergründige Selbstverständlichkeit der Präsenz einer Verkaufspräsentation inmitten großer Flächen öffentlichen Raums wird durch das Fehlen von Kassen und Check-Outs verstärkt. Mit dem sakralen Charakter von Produktpräsentation, verführerischer Ästhetik und emotionalen Werbekampagnen spielen Unternehmen heute, gerade im Bereich der digitalen Innovationen, sehr sublim mit dem Konsumgeist der modernen Gesellschaft.

Ruhry bespielt die MAK Galerie mit seiner Interpretation einer wesentlichen Komponente von derartigen Verkaufspräsentationen, dem Display: puristische, elegante Tische aus Holz. Anstelle der üblicherweise zum Verkauf angebotenen Technologien präsentiert Ruhry eine Auswahl von Alltagsobjekten aus dem Kontext des Bahnhofs, die er aus gebürstetem Aluminium gießen ließ. Ergänzend dazu entwickelte der Künstler eine Serie von Wandarbeiten sowie eine thematisch verknüpfte Lichtarbeit.

Im Vorfeld zur MAK-Ausstellung verbrachte Valentin Ruhry mehrere Monate in den USA, wo er unter anderem seine Untersuchungen zu dezentralen Netzwerken und alter-nativen Währungen vertiefte. In seinem Ausstellungskonzept ließ sich der Künstler, dessen Arbeit zwischen Skulptur und Konzept changiert, nicht nur von formal ästhetischen Fragen, sondern auch von soziologisch und wirtschaftlich aktuellen Themen wie Sharing Economy, Bitcoin, Start Ups, regulierten Märkten oder dem "neuen" Kunstmarkt, der auf sozialen Netzwerken digital gepusht wird, inspirieren.

"Das Internet ist technisch gesehen eine dezentrale Infrastruktur, die sich jedoch durch die Omnipräsenz und das Zusammenwirken globaler Unternehmen immer mehr zu einer digitalen Diktatur entwickelt. Zugleich gibt es Versuche, neue dezentrale Netzwerke wie Peer-to-Peer oder Torrents zu etablieren, die oft aber an Gesinnungsfragen oder an der versuchten Politisierung der Netzwerke scheitern", umreißt Ruhry seine Beobachtungen, die ihn zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Konsumkultur motivieren. Ruhry verfolgt dabei auch die Entwicklung eines neuen anarchistisch kapitalistischen Geists, der sich unter anderem in alternativen Konzepten manifestiert, wo durch Umgehung sämtlicher staatlicher Regulierungen Privatpersonen unter dem Deckmantel der Sharing Economy in Prekariate gedrängt werden.

Bereits Anfang des Jahres startete Valentin Ruhry gemeinsam mit dem Künstler Andy Boot ein Projekt, das sich im Kontext der Cyberwelt mit dem Kunstmarkt beschäftigt. Auf der Plattform cointemporary.com bieten Ruhry und Boot Arbeiten anderer Künst-lerInnen unterschiedlicher Generationen zum Verkauf an. Bezahlt werden soll in der alternativen Währung Bitcoin, mit dem Ziel, eine kritische Hinterfragung des faktischen Marktwerts von Kunstwerken anzukurbeln.


Valentin Ruhry. Grand Central
8. Oktober 2014 bis 8. Februar 2015