Unsichere Lebenszeit - Aspekte der Alltagsgeschichte am Reichshof Lustenau

Wie die Lustenauer:innen vor mehreren hundert Jahren ihr Alltagsleben meisterten und welche Sorgen und Ängste ihr Dasein bestimmten, wird in Kooperation mit dem Historischen Archiv Lustenau im DOCK 20 in Lustenau thematisiert.

Der älteste erhaltene Ortsplan von Lustenau wurde 1686 vom Bregenzer Barockbaumeister Johann Georg Kuen angefertigt. Nach Arthur E. Imhof, einem bedeutenden Sozialhistoriker des 20. Jahrhunderts, besteht „die fundamentale Veränderung der letzten vierhundert Jahre [...] darin, dass unsere menschliche biologische Existenz von einer sehr unsicheren zu einer für unsere Vorfahren unvorstellbar viel sichereren Angelegenheit geworden ist“. Ausgehend von dieser These geht die von Gemeindearchivar und Kurator Wolfgang Scheffknecht konzipierte Ausstellung der Frage nach, wie sich das Leben der Menschen in der Frühen Neuzeit im Reichshof Lustenau unter diesen Bedingungen gestaltete. Vor allem die Rolle der Religion wird dabei immer wieder thematisiert.

Magie und Religion durchdrangen das gesamte Leben im vormodernen Lustenau. Religiöse und magische Rituale standen für alle Lebenslagen zur Verfügung. Am deutlichsten wird dies im Zusammenhang mit dem Tod, den die Menschen der Frühen Neuzeit nicht als Endpunkt, sondern als Übergang in eine andere Daseinsform betrachteten. Ihr Denken und Planen musste sich daher darauf konzentrieren, diesen Übergang so zu gestalten, dass er in ein „besseres“ Jenseits führte. Mit einem heute kaum noch nachvollziehbaren Aufwand versuchten sie daher, den Tod zu einem „guten“ Tod zu machen und damit die ewige Verdammnis oder einen allzu langen Aufenthalt im Fegefeuer zu vermeiden.

Religion war eine allgegenwärtige Bewältigungsstrategie, sowohl auf privater als auch auf „staatlicher“ Ebene. Durch Frömmigkeit und strenge Glaubenspraxis sollte Unheil von der Gemeinschaft abgewendet werden. Der von der Lustenauer Gemeinde 1629 verabschiedete Eidbrief sowie ein gräfliches Mandat von 1657, das die Lustenauer zum regelmäßigen Rosenkranzgebet verpflichtete, legen davon beredtes Zeugnis ab. Weitere Teile der Ausstellung widmen sich der Lustenauer Kulturlandschaft, der damaligen Gesellschaftsstruktur sowie dem Umgang mit Konflikten und Kriminalität. Neben Archivalien aus dem Gemeindearchiv sind Leihgaben der Lustenauer Pfarren, des Vorarlberg Museums und des Vorarlberger Landesarchivs zu sehen. Das Ausstellungsdisplay wurde von Roland Adlassnig konzipiert und realisiert.

Unsicheres Leben. Aspekte der Alltagsgeschichte am Reichshof Lustenau".
bis 12. April 2025

Führungen mit Archivar Wolfgang Scheffknecht, jeweils 16 Uhr:
24. Jänner
7. Februar
7. März
21. März, jeweils 16 Uhr

Kinderprogramm mit Christa Bohle
24. Januar, 15-19 Uhr
25. Januar, 10-13 Uhr

Öffentliche Tagung des Bodenseegeschichtsvereins mit Vortrag Wolfgang Scheffknecht und Führung: 22. Februar, 14.30 Uhr
Archivgespräch mit Wolfgang Scheffknecht: 10. März, 18.30 Uhr
Weinwanderung „am Schweizer Berg“ mit Historiker Stefan Sonderegger: 5. April
Finissage mit Führung: 12. April, 10 Uhr