Totenkulte und Jenseitsglaube

Die Herbstausstellung im Haus der Völker in Schwaz befasst sich mit den Totenkulten der Menschheit. Exponate aus verschiedenen Kulturen zeigen die unterschiedliche Umgangsweise mit Tod und Jenseitsglauben. Die Religionen haben die Mysterien des Sterbens für sich beansprucht und mit einer ausufernden Vielfalt von Interpretationen belegt. Wiedergeburt und Karma, Strafe und Belohnung warten auf die Seelen der Verstorbenen, die in Neugeborenen inkarnieren oder im Nirwana, dem unbeschreiblichen metaphysischen Raum der Erlösung, verschwinden. Trost und Hoffnung versprechen die Priester und Schamanen, aber immer begleiten Bedingungen den Weg in eine glückliche Wiedergeburt.

Die aktuelle Ausstellung zeigt eine Reihe hochkarätiger Objekte, die mit den Totenkulten in Verbindung stehen. Der Sarg eines Meisters aus der berühmten "Schule des Olowe von Ise" findet sich neben Ahnenfiguren aus Indonesien. Bodenfunde aus Nordthailand faszinieren genauso wie Geisterhäuschen aus Laos oder die Skulpturen afrikanischer Klangründer. Aus bedeutenden europäischen Sammlungen kommen Totenschädel der Asmat und Sepik sowie Skulpturen aus Neuirland und Neuguinea.

Unterschiedlich wie die Menschen selbst, so sind die Hervorbringungen ihrer materiellen Kulturen. Trotzdem gibt es etwas völkerübergreifend Gemeinsames: die Angst vor einem ersatzlosen Zugrundegehen und den Zweifel an der Qualität eines späteren Lebens. Vieles wird getan, um die Wiedergeburt zu harmonisieren. Opfer und Gebete, Tänze und Gedichte sollen das Glück in einem kommenden Leben sichern. Dabei spielen aber die Lebenden die entscheidende Rolle. Von ihnen hängt es ab, ob die Toten als Fürsprecher vor den Göttern wirken werden oder sich aus Ärger über zu geringe Anteilnahme verweigern. Rituale, die wie in Neuguinea bis zum Kannibalismus geführt haben, oder solche, die mit Blutopfern versucht haben, die Götter gnädig zu stimmen, zeigen die weltumspannende Irritation, der die Menschen ausgesetzt sind. Was die Aufklärung in manchen Gesellschaftsschichten überwinden konnte, lebt in anderen, stets religiös motivierten Denkmustern weiter. Sekten und Esoteriker gehen bis heute einen Weg, der mit rationalem Denken nicht vereinbar ist.

Die Ausstellung "Totenkulte und Jenseitsglaube" nähert sich dem Thema sachlich. Zu zeigen, was die Vergangenheit an bizarren Kulten hervorgebracht hat, ist eine der Ebenen. Dass in diesem Rahmen faszinierende Kunstwerke entstanden sind, die andere. Dass gerade im Umfeld der Totenkulte derart expressive Objekte geschaffen worden sind, liegt wohl daran, dass kaum ein anderes Phänomen derartige Emotionen zu wecken vermag. Hier zeigen sich die Expressionen einer Menschheit – ihre Ängste und ihre Nöte –, die vor dem Hintergrund der Unwissenheit bis heute nach Lösungen sucht.

Totenkulte und Jenseitsglaube
13. September 09 bis 3. Januar 2010