Tokyo Art Directors Club Award 2013

Ab 10. April 2014 präsentiert das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main bereits zum dritten Mal die besten Arbeiten des jährlichen japanischen Designwettbewerbs "Tokyo Art Directors Club Award". Seit über sechzig Jahren wirkt der Tokyo Art Directors Club (ADC) als treibende Kraft in der japanischen Werbe- und Designwelt und steht für exzellentes Kommunikationsdesign. Er wird von 76 führenden Artdirectors getragen, die in ihrem Wettbewerb nur höchste Qualität auszeichnen.

Die im Frühjahr 2013 prämierten Arbeiten wurden – getrennt nach Einreichungen von ADC-Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern – bereits in den renommierten japanischen Galerien Ginza Graphic Gallery (Tokio), Creation Gallery G8 (Tokio) sowie DDD Gallery (Osaka) gezeigt, bevor sie in Frankfurt als erstem Ort außerhalb Japans zu sehen sein werden. Die Auswahl von rund 120 Arbeiten für die Ausstellung im Museum Angewandte Kunst wurde in enger Abstimmung mit dem Tokyo ADC vorgenommen, was einen authentischen Blick auf Japans aktuelle Designszene ermöglicht.

Die Gestaltung der Umwelt spielt in Japan von jeher eine besondere Rolle. Daher nimmt der japanische ADC weltweit eine Vorbildstellung innerhalb der visuellen Kommunikation ein. Ob Plakat- oder Zeitschriftenwerbung, Editorial Design, Corporate Identity, Symbole und Logos, Verpackungsdesign oder Werbespots: Japanisches Kommunikationsdesign zeichnet sich durch eine große Raffinesse aus und inspiriert Gestalter aus aller Welt. Die einzigartige Bildsprache Japans – auch und gerade in der Werbewelt – fasziniert mit subtiler Poesie, einem ausgefeilten Spiel mit Linien, Licht und Schatten, harten Schwarz-Weiß-Kontrasten, Zweidimensionalität und leuchtender Farbigkeit, mit einem Wechselspiel aus Ausgewogenheit und Minimalismus einerseits, Chaos und Verdichtung andererseits.

Dabei spiegelt die besondere Ästhetik japanischen Grafikdesigns den wechselvollen Dialog zwischen östlicher und westlicher visueller Kultur ebenso wie das Nebeneinander von Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Moderne. So geht die charakteristische Neigung zur Reduktion, zu einer Ästhetik der strengen Verknappung, einerseits auf das klassisch japanische Konzept des Ma – der Leere zwischen den Dingen – zurück, das von der traditionellen Tuschmalerei über die Architektur bis hin zum Nô-Theater die gesamte japanische Kultur durchdringt, paart sich aber andererseits auch mit dem Geist der internationalen Moderne, die seit den 1950er Jahren in Japan verstärkt an Bedeutung gewann und mit dem Bemühen um eine universell verständliche Bildsprache einherging.

Vor allem die Plakatkultur Japans kann auf die lange Tradition des ukiyo-e-Farbholzschnitts zurückgreifen, in dem eine verknappte Bildauffassung, die Gestaltung von ungewöhnlichen Perspektiven, gewagten Nahsichten und kühnen Ausschnitten sowie eine flächige Behandlung des Bildraums mit vibrierenden Mustern bereits zur Meisterschaft gebracht wurden. Japanische Printprodukte bestechen nicht zuletzt durch ihre drucktechnische Perfektion, durch brillante Farben, fließende Abstufungen und eine überdurchschnittlich gute Beschaffenheit des Papiers. Auch in dieser Hinsicht setzt sich die Tradition des ukiyo-e fort, bei der die spezialisierte Arbeitsteilung zwischen Künstler, Holzschnitzer und Drucker ein hochwertiges Druckergebnis sicherstellte. Noch heute arbeiten Grafikdesigner, technisch versierte Handwerker und Papierhersteller Hand in Hand und schaffen gemeinsam Printprodukte auf höchstem Niveau, deren besondere Qualität nicht in der digitalen Abbildung am Bildschirm, sondern erst in der direkten Betrachtung am physischen Original erfahrbar wird.

Anders als im Westen ist in der japanischen Designkultur gerade das Plakat, die Königsdisziplin des Grafikdesigns, in erster Linie als künstlerisches Statement und als anspruchsvolle Imagewerbung bekannt. Es soll nicht ein einzelnes Produkt vermarkten, sondern zur Identifikation mit einem Unternehmen beitragen. Während es das westliche Auge gewohnt ist, Werbebotschaften mit Macht aufgedrückt zu bekommen, sind die Rezipienten im Land der aufgehenden Sonne geübt in der Entschlüsselung auch sehr subtil angedeuteter Botschaften, so dass das zu Bewerbende dezent in den Hintergrund treten kann. Das japanische Plakat erlangt seine Aufmerksamkeit gerade dadurch, dass es im zeichenüberfluteten städtischen Raum der großen Metropolen einen Augenblick der Ruhe, der Besinnung und der Schönheit bietet, vielfach funktioniert es auch als hochwertiges, einem Gemälde gleich präsentiertes Indoor-Medium innerhalb von Firmenräumen.

Während die Freie Kunst in Japan erst in den letzten dreißig Jahren an Bedeutung gewonnen hat, sind die Grenzen zwischen Künstler und Designer fließend und werden herausragende Plakatgestalter als große Meister ihres Faches verehrt. Sie stehen hiermit in der Tradition der Kalligrafie-Künstler, deren Erbe sich nicht nur stilistisch in der dekorativen Verwendung von Schriftzeichen zeigt, sondern vor allem im expressiven Gestus der Gestalter. Dementsprechend gestehen die Auftraggeber den Designern eine bei uns in diesem Kontext ungekannte künstlerische Freiheit zu.

Neben Plakaten gibt es im Museum Angewandte Kunst zahlreiche Werbefilme und Zeitungsanzeigen, außerdem Packaging- und Editorial-Design sowie preisgekrönte Ausstellungsgestaltung zu entdecken.

Zum Tokyo ADC Award 2013 ist ein hochwertiger Katalog in japanischer Sprache erschienen, der in kleiner Auflage während der Ausstellung an der Museumskasse für 170 Euro erhältlich ist.


Tokyo Art Directors Club Award 2013
10. April bis 17. August 2014