Titanic - Die Katastrophe im Film

9. April 2012 Walter Gasperi
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In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 sank nach einem Zusammenstoß mit einem Eisberg mit der Titanic das damals größte Schiff der Welt. Rund 1500 der 2200 an Bord befindlichen Personen kamen ums Leben. Filmisch hat sich mit dieser Katastrophe nicht erst James Cameron in "Titanic" (1997) auseinandergesetzt.

Der Untergang der Titanic gilt als Inbegriff der Katastrophe und Sinnbild für die Unmöglichkeit mit der Technik die Natur kontrollieren zu können. Die berühmteste filmische Aufarbeitung des Themas gelang zweifellos James Cameron 1997. Perfekt gelang es dem Amerikaner in dieser Großproduktion großes Melodram über eine unglückliche Liebe und spektakulärer Katastrophenfilm zu verknüpfen. In Form einer großen Rückblende, die diesen Film auch zu einer Reflexion über die Vergänglichkeit macht, erzählt Cameron ausführlich die Vorgeschichte mit der Katastrophe als dramatischem Wendepunkt, auf den verzweifelte Rettungsversuche folgen.

Recht grobschlächtig, aber durchaus wirkungsvoll stellt er in dem mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail ausgestatteten Film dem Leben der Passagiere der Luxusklasse, von denen die meisten gerettet wurden, das Treiben in der untersten Klasse gegenüber. Meisterhaft versteht es Cameron, Emotionen zu schüren, indem er zunächst die auch äußerliche Distanziertheit und Steifheit am Oberdeck mit der körperlicher Nähe und Vitalität im Unterdeck kontrastiert und später die bombastisch inszenierte allgemeine Katastrophe mit dem individuellen Schicksal des aus unterschiedlichen Klassen stammenden, von Kate Winslet und Leonardo DiCaprio gespielten Liebespaares bis zum leisen Sterben in der Kälte des Meeres.

Das Kino entdeckte freilich schon lange vor diesem mit elf Oscars ausgezeichneten und nach Camerons "Avatar" mit 1,8 Milliarden US-Dollar Einspielergebnis zweiterfolgreichsten Film aller Zeiten den Untergang der Titanic als Filmstoff. Schon im Jahr der Katastrophe entstand in den USA "Saved from the Titanic" (1912), in dem eine Überlebende des Untergangs die Hauptrolle spielte. Nur 29 Tage nach dem Ereignis kam dieser zehnminütige Kurzfilm, in dem eine fiktionalisierte Geschichte der Rettung von Dorothy Gibson erzählt wird, in die US-amerikanischen Kinos. Dieser Film gilt allerdings als verschollen.

Erhalten ist dagegen der der 40-minütige "In Nacht und Eis" (1912), den der rumänische Regisseur Mime Misu nur zwei Monate nach der Katastrophe teilweise mit echten Passagierdampfern in Cuxhaven und Hamburg, teilweise mit einem von leeren Bierfässern getragenen Schiffsmodell auf einem See bei Berlin (Krüpelsee bei Königs Wusterhausen) drehte.

Den ersten langen Spielfilm zum Thema – zugleich ein früher Tonfilm – dreht dann 1929 der Deutsche E.A. Dupont unter dem Titel "Atlantic" in den Londoner Elstree-Studios. Zwar wird hier nicht von der Titanic gesprochen, doch unübersehbar werden mit dem Ozeanriesen "Atlantic", der nach Rammen eines Eisbergs sinkt, die historischen Ereignisse verarbeitet. Gedreht wurde gleichzeitig mit unterschiedlichen Schauspielern eine englische, eine französische und eine deutsche Version.

Mag "Atlantic" auch in der Filmgeschichte keinen besonderen Platz einnehmen, so wurden in ihm doch die Erzählstrategien, die alle weiteren Filme über die Titanic-Katastrophe bestimmen Grund gelegt. Wie Cameron bietet nämlich auch Dupont anhand der Passagiere ein soziales Drama und wie in späteren Filmen wechseln auch hier Außenaufnahmen mit Studioaufnahmen über das Geschehen an Bord des Schiffes.

Eine politische Stoßrichtung gab man der Tragödie im Deutschland des Jahres 1943. In "Titanic" wird das Geschehen an Bord für antibritische Propaganda genützt. Trotz der Zeichnung der britischen Oberschicht als degeneriert fand dieser Film, der von Herbert Selpin begonnen, nach dessen Verleumdung und Verhaftung aber von Werner Klingler vollendet wurde, nicht den Beifall von Propagandaminister Joseph Goebbels. Er sah darin defätistische Tendenzen und befürchtete, dass der Zuschauer den Untergang des Ozeandampfers auf die Lage des Dritten Reichs übertragen könnte. So durfte der Film zwar im besetzten Ausland, nicht aber in Deutschland gezeigt werden

Apolitisch legte dagegen Jean Negulesco "Titanic" ("Der Untergang der Titanic", USA 1953). Negulesco nützte die Katastrophe als Hintergrund für eine melodramatische Ehe- und Familiengeschichte. Stehen hier die Emotionen im Vordergrund, so bemühte sich der Brite Roy Ward Baker in "A Night to Remember" ("Die letzte Nacht der Titanic",1958) um eine nüchterne Herangehensweise.

Nach einem Sachbuch von Walter Lord zeichnet Baker aus der Perspektive des 2. Offiziers Charles Lightoller die letzten drei Stunden des Schiffes nach. Deutlich wird dabei herausgestrichen, dass der Schiffbruch unnötig viele Opfer gefordert hat, da der Kapitän eines nahen Schiffes die Notsignale nicht richtig gedeutet habe.

Entstanden danach bis 1997 nur noch zwei wenig erfolgreiche TV-Filme über die Schiffskatastrophe, so waren die Filme von Baker und Negulescu für Cameron unübersehbar zentrale Vorbilder. In "Titanic" (1997) schuf er die Synthese aus den beiden Vorgängerfilmen, schilderte einerseits spektakulär die Katastrophe, rührte andererseits mit der tragischen Liebesgeschichte, unterstützt von Celine Dions "My Heart Will Go On", zu Tränen. Noch spektakulärer, noch bewegender kann man nun den Ereignissen folgen, denn anlässlich des 100. Jahrestags der Katastrophe kommt "Titanic" in 3D in die Kinos.

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