Das Museum für Konkrete Kunst zeigt in Zusammenarbeit mit der Stiftung für Konkrete Kunst und Design Ingolstadt vom 2. Dezember bis 17. Februar die Ausstellung "Timm Ulrichs. Bilder-Finder – Bild-Erfinder". Die Ausstellung versammelt Arbeiten, die größtenteils noch nie oder nur selten gezeigt und veröffentlicht wurden, und bietet damit eine überraschende Sicht auf das faszinierende Werk des "Totalkünstlers" Timm Ulrichs.
Der Besucher begegnet einer unglaublichen Fülle an Ideen, die Ulrichs seit nunmehr rund fünf Jahrzehnten mit viel Humor und hintergründigem Witz in seinen Kunstwerken umsetzt.
Wenige Künstler des 20. Jahrhunderts haben ein so vielseitiges und umfangreiches Werk geschaffen wie Timm Ulrichs (geb. 1940 in Berlin). Es umfasst konzeptuelle Arbeiten, Skulpturen, Environments, Fotografien, Performances, Aktionen, Konkrete Poesie, Wandarbeiten und textbasierte Arbeiten. Ulrichs entwickelte in dieser Vielfalt eine radikale Ausweitung des Kunstbegriffs und überschreitet bewusst Gattungsgrenzen. Er greift dabei die Idee der historischen Avantgarden auf und verbindet Kunst und Leben auf einzigartige Weise.
Timm Ulrichs, der sich selbst als "Totalkünstler" bezeichnet, macht seit den 1960er Jahren sein Leben und seinen Alltag, aber auch seinen eigenen Körper zum Bestandteil seiner Kunst. Als "Erstes lebendes Kunstwerk" hat er sich in einer Vitrine im Ausstellungsraum selbst präsentiert und in einer anderen Aktion mittels einer Tätowierung signiert. Durch Ulrichs radikalen Ansatz stehen ihm aber letztlich alle Materialien und Themen für seine Kunstwerke zur Verfügung.
In "Bienenwaben-Wachscollage" nutzt Ulrichs die formbildenden Fähigkeiten von Bienen und lässt die Tiere ihre geometrisch konstruierten Waben direkt in einen Keilrahmen bauen, den Ulrichs dann als Bild an die Wand hängt – nicht ohne die Bienen als Mitproduzenten zu erwähnen. Auch das Tarnmuster aus militärischem Kontext verwendet Ulrichs in verschiedenen Arbeiten entgegen seiner ursprünglichen Funktion, etwa in "Getarntes Krieger-Denkmal", wenn er die Skulptur eines Soldaten tarnt und damit die Idee des Denkmals konterkariert, indem er es durch die Tarnung quasi verschwinden lässt. Für "Nehmet, esset…" hat Ulrichs ein Kruzifix aus Schokolade herstellen lassen und findet so für die Aufforderung, die Christus beim letzten Abendmahl spricht, eine verführerische Gestaltung. Als Bilder-Finder wird Ulrichs in der Serie "Kunst und Leben. Bildbeispiele aus Pornoheften" tätig, die pornografische Fotografien zeigt, in deren Hintergrund Ulrichs Drucke und Kopien von berühmten Kunstwerken entdeckt hat, etwa von Vincent van Gogh oder Leonardo da Vinci.
Timm Ulrichs ist ein aufmerksamer Beobachter, dem das Besondere im Alltäglichen auffällt, das er untersucht, mit anderen Phänomenen verknüpft und damit neuen Sinn stiftet. Er liebt Mehrdeutigkeiten und lässt den Betrachter seiner Arbeiten mit viel Witz über das Gesehene stolpern. In seiner Vielfalt entzieht sich sein Werk jeder eindeutigen Festlegung. Ulrichs hinterfragt vermeintliche Gewissheiten und ruft uns diese immer wieder gleichermaßen provokativ wie unterhaltsam ins Bewusstsein.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Kerber Verlag, mit zahlreichen Abbildungen, Textbeiträgen von Peter Weibel und Gerhard Pfennig sowie einem ausführlichen Interview mit Timm Ulrichs.
Timm Ulrichs. Bilder-Finder – Bild-Erfinder
2. Dezember 2012 bis 24. Februar 2013