Thomas Hoor: "Alle werden wir uns"

Die Bilder und Zeichnungen des österreichischen Künstlers Thomas Hoor, die noch mit 10. April unter dem Titel "Alle werden wir uns" im Schauraum "Arthub59" in Ravensburg zu sehen sind, hängen dicht nebeneinander, dann wieder mit großem Abstand zueinander, oder kurz unter der Decke, oder auf Kniehöhe. Als ob sie mit Wucht an die Wände katapultiert worden seien. Der Ausstellungstitel leitet sich frei vom Friedrich-Nietzsche Zitat "werde der, der du bist" ab.

Hoor erzählt in all seinen Bildern Geschichten, die dem Augenblick entrissen sind. Es sind Zeitschnitte, die von der Leichtigkeit, dem Überschwang und den Freuden des Lebens genauso berichten, wie von dessen Schwere, dem Schmerz und dem Leiden. Aber nie wirkt Hoor belehrend.

Da sind zum einen die Tiere, die sich einer zutiefst menschlichen Regung hinzugeben scheinen: der Gorilla mit seiner überbordenden Freude ("Birthday") oder der Maulwurf, der das Sonnenlicht genießt, auch wenn es weiß Gott nicht sein Element ist. Sie wirken leicht, pur, lebensfreudig und man fragt sich, wie kann das sein, ist doch das Leben in freier Natur wahrlich kein Honigschlecken.

Ganz anders die Menschen. Oft scheinen sie in einer ungeliebten Lage gefangen zu sein, die allzu komplex erscheint, als dass ein einfacher Ausweg sichtbar wäre. Sie wenden sich ab, treten provokant auf – wie die High-Heels-tragende Punk-Rock-Sängerin – oder versuchen es gar mit einem Sprung aus hoher Höhe. Ausgang ungewiss. Sie wirken oft statisch, schwer, hilf- und hoffnungslos. Ihre Einsamkeit, Unsicherheit, vielleicht auch Resignation sind oft wiederkehrende Themen bei Thomas Hoor.

Nicht zuletzt die gesellschaftlichen Strukturen und ihre Missstände, allen voran die Kirche mit ihrem Missbrauchsskandal und der Debatte um das Zölibat: der "bisexuelle Bischof" versteckt sich unter einem Helm, um sich den Reizen der Außenwelt zu entziehen, ja keiner Versuchung ausgesetzt zu sein. Die Kuh beschwert sich über die "unmenschlichen" Bedingungen auf den Viehtransporten: aber "keiner glaubt mir".

Thomas Hoor malt in der Regel überaus spontan und schnell. Viele seiner Werke entstehen in gerade einmal zwei oder drei Stunden. Für Öl ist dies ein extrem kurzer Zeitraum. Dies ist nur möglich, da Hoor entsprechende Beschleuniger einsetzt. Er setzt auf diese Möglichkeit, weil für ihn schnelle Bilder viel ehrlicher seien, als Bilder, die über lange Zeiträume hinweg entstehen.

Hoor, 1968 in Hohenems geboren und seit über 30 Jahren in Bregenz lebend und arbeitend, bezieht die Vorlagen zu seinen Werken zumeist aus Fotografien, die er selber macht, oder aus Abbildungen, die er aus Zeitschriften und Magazinen ausschneidet und kistenweise sammelt. Er hält in seinen Ölbildern Augenblicke der Zeit fest. Es sind stets kleine Geschichten, die er entweder in großzügigen freien Gesten oder in fast realistischer Exaktheit auf die Leinwand bannt.

Thomas Hoor: "Alle werden wir uns"
Arthub 59, Ravensburg
Bis 10.4.2023
Di-Fr 10-13 u. 14-18, Sa 10-15
https://arthub59.art