Das Museum für Gestaltung Zürich präsentiert Textiles als künstlerisches Ausdrucksmittel. Ob gewebt, gestickt, appliziert oder getuftet: Rund 60 Positionen vernetzen sich facettenreich.
Sie formulieren Statements und stellen Forderungen. Sie mahnen zur Achtsamkeit und schaffen wärmende Geborgenheit. Sie zeugen von gemeinschaftlicher Arbeit und individueller Leistung, wecken Erinnerungen, lösen Gefühle aus und sind Ausdrucksmittel. Ausgewählte kunsthandwerkliche Objekte wie Teppiche, Tapisserien und Decken treffen auf frei in den Raum wuchernde Arbeiten aus der Welt der Skulptur.
Verspielte Fransen treffen auf strenge Linien, Flächen auf Volumen, Transparenz auf Opazität. Im Detail ausgearbeitete Exponate und Einblicke in die biografischen Bezugspunkte der Künstler offenbaren dem Publikum starke künstlerische Haltungen.
Die Mittelachse der großen Halle entlang der Ausstellungsstraße lädt zu einem Rundgang durch die chronologisch angeordneten Phasen der jüngeren Geschichte der Textilkunst ein, von aktuellen Positionen zurück bis zum Bauhaus. Die deutsche Künstlerin Ulrike Kessl zieht die Besucher mit ihrer ortsspezifischen Arbeit "Nylons in Space" aus farbigen Strumpfhosen in den Bann der Textilkunst, flankiert von Christoph Heftis und Caroline Achaintres flauschigen Tierkreationen. Dominique Lanz gibt dem verdrängten Textilabfall der Fast Fashion mit bearbeiteten Restposten eine beunruhigende neue Form. Der Blick durch die Ausstellungshalle zeigt Schichten von poetischen Fahnen und Gespinsten von Lisbeth Burri und Verena Sieber-Fuchs. Reine Kettfadenarbeiten von Elsi Giauque stehen für die Gleichsetzung von Textilkunst und gebauter Struktur. Nach figurativ-symbolischen Szenen der Nachkriegszeit wechseln sich Handweberei und Vorlagen für die industrielle Herstellung in der Sphäre des Bauhauses mit Protagonist:innen wie Gunta Stölzl und Anni Albers ab. Vielstimmige Audiokommentare erschließen einzelne Themen wie die aktuelle Blüte der Textilkunst oder die Entwicklung der Fiber Art weg von der Wand in den späten 1960er Jahren.
Auf den Seiten verbindet eine Abfolge von Kapiteln die Akteur:innen über Generationen hinweg unter einer schöpferischen Parole. "Social Fabric" etwa zeigt Arbeiten zum sozialen Geflecht in vielen Variationen, von Talaya Schmids Seufzer-Installation "Meet Me Here" bis zu Corinne Odermatts "One Day We Will Part" als explosivem Abgesang auf die Liebe. Im Kapitel "Trompe l’oeil" sorgt Victor Vasarely im Spiel zwischen Positiv und Negativ für bewegtes Flimmern, und Lili Binder-Wipf täuscht konstruierte Dreidimensionalität vor. "Stay fluid" verwirft mit Marie Schumann die formale Norm und lässt mit Constanza Camila Kramer Garfias das fast Monströse zu. Das Lernen und Schaffen der ehemaligen Textilklasse der Kunstgewerbeschule (heute ZHdK) wird in ihrer kollektiven Webkunst zum Manifest. Das Studiolo wiederum setzt sich mit Katalogen und Plakaten in die Tradition der Textilausstellungen zum 150-jährigen Jubiläum des Museums. In der Vermittlungszone kreiert das Publikum mit Stoffresten, Garn und Stift persönliche textile Geschichten, die im Ausstellungsraum zu einer kollektiven Collage anwachsen.
Textile Manifeste - Von Bauhaus bis Soft Sculpture
14. Februar bis 13. Juli 2025