"Territoriale Architektur" im Tessin

Das Freibad in Bellinzona sollte in den 1960er Jahren ersetzt werden wegen einer Flusskorrektur im Zusammenhang mit dem Bau der Autobahn N2. In einem öffentlichen Wettbewerb für das neue "Bagno di Bellinzona" setzte sich 1967 der Entwurf von Aurelio Galfetti, Flora Ruchat-Roncati und Ivo Trümpy durch. In einer Volksabstimmung wurde das Projekt 1968 angenommen. Das Bad wurde 1969 eröffnet und 1970 offiziell eingeweiht, während die Passerelle, die die Anbindung der Stadt an die Auen des Flusses gewährleistet, ein Jahr später vervollständigt wurde.

Das zentrale Element des Projektes ist die langgestreckte Passerelle aus Stahlbeton, die zwei Funktionen besitzt: Zum einen dient sie als Fussgängerverbindung zwischen Stadt und Fluss und als Aussichtspunkt auf die Schwemmebene des Tessins (in Anlehnung an die alte Festungsmauer, die zum Fluss herabführte); zum anderen erschliesst sie das Bad, dessen Eingang sich zusammen mit den Umkleiden aus Metall, Holz und Thermoluxelementen auf einem mittleren Niveau befindet. Gerade wie das Bad in die Umgebung eingebettet ist, zog die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich und machte aus diesem Werk eine Art Paradigma der neueren Architektur im Tessin.

Die Ausstellung "Il Bagno di Bellinzona" wurde von Nicola Navone und Bruno Reichlin kuratiert. Das Projekt ist Teil einer Ausstellungsreihe der Accademia di architettura und des Archivio del Moderno, die 2008 gestartet wurde. Die Reihe präsentiert exemplarische Werke des 20. Jahrhunderts aus den Beständen des Archivio del Moderno. Die Ausstellung "Il Bagno di Bellinzona" zeigt Materialien aus der Sammlung Aurelio Galfetti sowie aus den privaten Archiven von Flora Ruchat-Roncati und Ivo Trümpy.

Die Ausstellung verfolgt die Entstehungsgeschichte des Baus, dokumentiert den Wettbewerb, die Umsetzung und technische Details der Ausführung. Auf Bild- und Texttafeln wird der zeitgenössische Kontext ausgeführt und die städtebauliche Situation dargestellt. Ein 2006 erstelltes Holzmodell bietet einen anschaulichen Überblick über die Anlage. Die historischen Aufnahmen werden ergänzt durch eine fotografische Dokumentation des italienischen Architekturfotografen Enrico Cano, welche den aktuellen Zustand des nach wie vor genutzten Bades vermittelt. In einer virtuellen Galerie, die vom Archivio del Moderno realisiert wurde, sind die Materialien in digitaler Form zugänglich.

Zur Ausstellung in Zürich erscheint im Verlag Mendrisio Academy Press eine gleichnamige baumonografische Publikation. Ebenfalls zur Eröffnung in Zürich wird eine Neuauflage des lange vergriffenen Übersichtswerks "Tendenzen. Neuere Architektur im Tessin" präsentiert. Die Publikation war in einer ersten Ausgabe 1975 an der ETH Zürich erschienen. Der Reprint wird nun vom Birkhäuser Verlag vertrieben. Beide Publikationen sind während der Dauer der Ausstellung am Institut gta erhältlich.

Il Bagno di Bellinzona
di Aurelio Galfetti, Flora Ruchat-Roncati, Ivo Trümpy
Freitag, 30. April bis Donnerstag, 20. Mai 2010