Teppiche vom Dach der Welt
Die Ursprünge der tibetischen Teppiche gehen bis in frühe Zeiten zurück. Ein Einbruch der authentischen Herstellung in Tibet wird auf Mitte des letzten Jahrhunderts datiert. In Europa wurde der Tibet-Teppich auf breiter Basis erst Ende der 60er Jahre bekannt. Damals nahmen Exiltibeter in Nepal die Teppichproduktion wieder auf. Diese neuen "Nepal-Tibeter" waren für den Export bestimmt.
Teppichknüpfen ist Teil des kulturellen Erbes Tibets. Es ist altes Handwerk und wurde nicht als Kunst betrachtet. Die tibetischen Teppiche dienten bis zu ihrem Zerfall. Aus diesem Grund sind auch praktisch keine Teppiche erhalten, die älter als 150 Jahre sind. Entsprechend der Grösse der Knüpfstühle sind die Teppiche meistens kleinformatig. Wie in anderen asiatischen Gebieten gebräuchlich, verwenden die Tibeter den senkrechten Knüpfstuhl. Die hervorragende Wolle des zentraltibetischen Hochlandschafes mit seiner rauen, jedoch langhaarigen und glänzenden Faser trägt entscheidend zur Qualität dieser Teppiche bei.
Eine Besonderheit der Tibet-Teppiche ist die Verwendung eines Knüpfstabs zu seiner Herstellung. Die Schlingen werden dabei kontinuierlich über diesen runden Metallstab geführt. Die Wolle wird nicht nach jedem "Knoten", sondern erst nach einer Knotenreihe von gleicher Farbe abgeschnitten. Diese Methode erlaubt ein ausgesprochen effizientes Arbeiten und spart Wolle. Die Feinheit der Knüpfung, bei Orientteppichen ein Qualitätsmerkmal, spielt beim Tibet-Teppich nur eine untergeordnete Rolle.
Für den privaten Gebrauch fertigten die Tibeter Sitz- und Schlafteppiche, Kopfkissen, Tür- und Wandbehänge sowie Sattel- und Pferdedecken. Für den Klosterbedarf entstanden Säulenteppiche und Teppiche für die Throne der Lamas. Anders als bei uns, wurden Teppiche nicht auf dem Boden verwendet. Die Einmaligkeit des Tibet-Teppichs zeigt sich in einer aussergewöhnlich freien Farbgebung und in einer Musterkombination, die kaum Ähnlichkeiten mit anderen westasiatischen Knüpfarbeiten aufweist. Die Motive verweisen auf einen regen Austausch mit benachbarten Regionen, so mit Turkestan, der Mongolei, Indien, China und sogar Persien.
Ein klassisches Motiv tibetischer Teppiche sind die Medaillons. Sie bestehen oft aus mit rankendem Blattwerk versehenen Blumenblüten von Lotos, Päonie oder Chrysantheme. Die Medaillons sind von Bordüren mit Perlenketten, T-Mäandern oder fortlaufenden Swastikas umrandet. Beliebte Muster sind das Schachbrett, abstrahierte Tigerfelle, Froschspuren oder Diamantblumengitter. Mythische Tiere wie Schneelöwe, Drache und Phönix sowie Kranich, Fledermaus, Hirsch, Schmetterling, Fisch und Vogel werden gerne mit Medaillons kombiniert, aber auch für sich selbst dargestellt. Manchmal sind die acht buddhistischen Glückssymbole abgebildet, und die Naturelemente Wolken, Berge, Wasser oder Gischt können ebenfalls auf den Teppichen angetroffen werden.
Zwischen den Teppichreihen werden in der Ausstellung Ausschnitte von Tibetfotografien von Heinrich Harrer (1912–2006) aus den 40er Jahren gezeigt. Heinrich Harrer weilte von 1944 bis 1951 in Tibet. Ein Teil seiner Sammlung befindet sich im Völkerkundemuseum der Universität Zürich.
Drache Lotos Schneelöwe: Teppiche vom Dach der Welt
17. Oktober 2008 bis 6. September 2009
CH - 8003 Zürich
W: http://www.musethno.uzh.ch
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