Stromer

2. Dezember 2017 Bernhard Sandbichler
Bildteil

… ist ohne festen Wohnsitz und namenlos. Kein Thema für Kinder? Doch, findet die Lütticher Autorin Sarah V. Der unverstellte Blick der Kleinen auf die große Not ist vorbildlich.

1. Die Story: Im Park schaukeln Kinder. Andere füttern Enten. Auf einer Bank sitzt ein Liebespaar. Und dann gibt es da diesen Stromer. Er hat Durst. Und, so erzählt uns Sarah V., "nur zwei Spatzen und er wissen, wie köstlich Brunnwasser schmeckt!" Er ist weg von der Straße, aber noch lange nicht angekommen. Hier im Park, unter seinem dicken Wollumhang, kann ihn keiner sehen, denkt er.

2. Die Heldin: "Magst du einen Keks?" - Die Frage überrascht Stromer, und das kleine Mädchen, das sie stellt, muss sie gleich wiederholen und fügt hinzu: "Du siehst ja komisch aus. Wie ein Teddy!" Es hat ein Lächeln in den Augen. Stromer findet, es ist der beste Keks der Welt. Als er das nächste Mal nach seinem Namen gefragt wird, sagt er: "Teddy!"

3./5./6. Der Sound/Coole Wörter/Zum Nachdenken: Sarah V.’s Wörter sind kalt und doch warmherzig, ihre Sätze lakonisch und alltäglich und berührend. Ein Beispiel? "Stromer fühlt sich ganz allein."

4. Coole Bilder: Claude K. Dubois, ebenfalls Belgierin, hat zuletzt mit Akim rennt, der Kriegs- und Fluchtgeschichte eines Kindes, eindrücklich bewiesen, dass Kindern die unschönen Realitäten unserer Welt nicht vorenthalten werden dürfen. Hier führt sie den Stift bei allem Realismus weich und zart und aquarelliert behutsam.

7. Die Autorin: Sarah V. kennt wie ihre Kollegin das, worüber sie schreibt, aus privater Erfahrung. Das hier sind keine Mitleid heischenden Fiktionen, sondern weltoffene Denkanstöße.

8. Das Buch: Sarah V., Claude K. Dubois: Stromer. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Frankfurt/M.: Moritz Verlag 2017, 72 Seiten, EUR 13,40