Im März 2004 endete das Leben eines passionierten Fotografen und eines außergewöhnlichen Menschen, wie selten seinesgleichen zu finden war: Dirk Reinartz wurde nur 56 Jahre alt, und seine Zeit als Professor für Fotografie an der Kieler Muthesius-Kunsthochschule währte nur sechs Jahre. Kurze Zeit zuvor, im Januar 2004, stellte Dirk Reinartz seine Ausstellung "Inneren Angelegenheiten" im Kunstverein Glückstadt aus; eine Übernahme aus dem Martin-Gropius-Bau Berlin.
Gleichzeitig befand er sich in Gesprächen mit der Kunststiftung der HSH Nordbank über ein größeres Ausstellungsprojekt mit Arbeiten von ihm und seinen Studenten. Nach seinem plötzlichen Tod geriet die von Reinartz bereits grob konzipierte Fotografieausstellung kurz in Vergessenheit, bis Christiane Gehner und Matthias Harder von der Kunststiftung gebeten wurden, dieses Ausstellungsprojekt in seinem Sinne weiterzuführen, was nun geschehen ist. Drei Jahre nach Reinartz’ Konzeption soll hier nicht nur den Diplomarbeiten, sondern auch aktuellen Projekten seiner ehemaligen Studenten ein Forum gegeben werden.
Doch am Beginn stehen Reinartz’ teilweise unpublizierte New York-Fotografien aus den Siebzigerjahren, als dieser so alt war wie seine Studenten, als sie für ihr Examen bei ihm arbeiteten. Die Bildgegenüberstellung von Lehrer- und Schülerarbeiten wäre sicherlich weitaus geringer ausgefallen, wenn Reinartz – bescheiden wie er war – selbst als Kurator fungiert hätte.
Den beiden berufenen Kuratoren jedoch erscheint, vor dem Hintergrund der geänderten Ausgangslage, gerade diese fotografische Spurensuche wichtig und reizvoll. Dirk Reinartz selbst ging durch eine intensive Ausbildungszeit bei Otto Steinert an der Essener Folkwang-Schule. Später stellte er seinen Schülern ähnliche Aufgaben in der eigenen Klasse an der Muthesiusschule, beispielsweise "Das Tier".
Dirk Reinartz hat seinen Studenten entscheidende Impulse zur Professionalisierung geben können. Viele dieser eigenständigen fotografischen Positionen sind in Norddeutschland entstanden, also gewissermaßen vor der eigenen Haustür – ähnlich wie auch Reinartz selbst arbeitete. Diese stillen Bilder scheinen die Zeit anzuhalten und zugleich offene Gesellschaftsräume zu beschreiben.
Der Ausstellungstitel "Stille" charakterisiert die langsame wie überlegte fotografische Annäherung von Dirk Reinartz und seinen Schülern an die unmittelbare Umgebung sowie an die leisen Themen, die ihre innere Spannung oft erst auf dem zweiten Blick offenbaren.
Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation im Steidl Verlag, herausgegeben von Christiane Gehner und Matthias Harder, mit Texten von Hubertus von Amelunxen, Ulf Erdmann Ziegler und den Herausgebern.
Stille – Dirk Reinartz und Schüler
13. August bis 10. September 2007