Stefan Zsaitsits - Schlangen, Schlaf und Schatten

Vier Jahre sind inzwischen vergangen, seit die Galerie.Z in Hard erstmals Arbeiten von Stefan Zsaitsits präsentierte. Unter dem Titel „Es“ zeigte er damals eine Auswahl seiner Zeichnungen, in denen er sich dem Thema des Menschseins als Wunder und Rätsel zugleich widmete. In seiner aktuellen Ausstellung spinnt bzw. zeichnet er dieses Thema weiter.

Stefan Zsaitsits stammt aus Hainburg an der Donau, hat an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Adolf Frohner studiert und 2006 diplomiert. Zu dieser Zeit drehte sich für ihn alles um Malerei. Eine Malerei voll Symbolik, expressiver Farbigkeit und Überschwang. Bis 2009 verfolgte er eine sukzessive Reduktion, die sich auch in den technischen Mitteln niederschlug.

2010 dann der radikale Schnitt: Stefan Zsaitsits widmet sich fortan ausschließlich der Zeichnung, wofür ihn der Kunsthistoriker Nikolaus Schaffer zum Heiligen erhoben hat. Denn diese Disziplin stellt auf dem Kunstmarkt eine Marginalie dar. Es gehört also eine ordentliche Portion Mut dazu, sich kompromisslos für diese Nische zu entscheiden.

Nach einem stürmischen Ausflug in die Malerei fokussierte er sich schließlich vollends auf die Zeichnung, die das perfekte Medium für ihn ist. Zsaitsits ist Vollblutzeichner und Purist. Sein Werkzeug sind Bleistift und Papier sonst nichts. Keine Farbe, nirgends. Ebenso eng abgesteckt sind die Situationen, in denen sich seine Protagonisten befinden. Meist sind es Individuen, die sich isoliert von der Außenwelt, in einer uneindeutigen Verfassung befinden. Ausnahmslos handelt es sich um junge Menschen, einzigartige Kinder in emotional hoch aufgeladenen Handlungsräumen. In ihrem Ausdruck changieren sie zwischen Staunen und Verängstigung.

Eine melancholische Grundstimmung, zu der sich Stefan Zsaitsits selbst bekennt, breitet sich aus. In Titeln wie „Nocturne“ oder „Schatten“ spiegelt sich diese Moll-Tonalität wider. Obskure und unergründliche Einzelschicksale sind es, mit denen die Betrachter konfrontiert werden. Alltägliche Momente werden mit surrealen bis monströsen Wendungen verschränkt, was zu einem intensiven Spannungsaufbau führt. Ein Lagerfeuer auf dem Spielteppich eines Kinderzimmers oder eine männliche Gestalt mit blumenbekränztem Haupt einen Vorschlaghammer schulternd, darf als zumindest zwiespältig aufgenommen werden.

Stefan Zsaitsits scheint über ein ausgeprägtes Sensorium für Grenzsituationen zu verfügen. So kommt er ganz ohne Übertragungstechniken aus. Naturalistisch gezeichnete Motive tauchen zwar auf, seine Bilder entstehen aber aus seinem Inneren. Autobiographisches spielt dabei hinein. Sein Werk darauf zu reduzieren, würde aber zu kurz greifen. Tatsache ist hingegen, dass er die Abgeschiedenheit der ländlichen Gegend Niederösterreichs, wo er in einem Landhaus sein Atelier eingerichtet hat, sehr schätzt.

In diesem Refugium entwickelt er die irritierenden Szenarien, denen seine Geschöpfe ausgesetzt sind. Detailreich und präzise porträtiert sie Stefan Zsaitsits nach traditioneller Manier, verpasst ihnen allerdings eine stark surreale Note. Gefühle und Gedanken schreibt bzw. zeichnet er direkt in die Gestalten ein und macht die emotionale Ebene damit sichtbar. Ungefiltert ergießen sich Gedanken in der Arbeit „Diode“ über einen Kopf, was Erstaunen und Unbehagen zugleich auslöst.

Der besondere Reiz der imaginierten Welten von Stefan Zsaitsits rührt zum einen aus der feinen Strichkunst und zum anderen der Verquickung banaler Situationen mit surrealen Momenten her. Die Innenschau, die Introspektion also und das Innehalten, um sich mit dem Nicht-Materiellen auseinanderzusetzen, wirkt direkt und unmittelbar auf emotionaler Ebene auf die Betrachter ein. Indem Stefan Zsaitsits seine Arbeiten zwischen Dichte und Deutungsfülle auf der einen Seite sowie Reduktion und Klarheit auf der anderen Seite ausbalanciert, verleiht er ihnen Substanz und Tiefe.

Stefan Zsaitsits
"Schlangen, Schlaf und Schatten"
2. September bis 2. Oktober 2021