Spitzen und so weiter ...

Bertha Pappenheim (1859–1936) ging als "Anna O." in die Geschichte der Psychoanalyse ein. Sie war der von Sigmund Freud oft zitierte erste "Fall" einer psychoanalytischen Gesprächstherapie, die sein Mentor Josef Breuer erstmals anwandte und in den "Studien zur Hysterie" (1895) publizierte. Die bedeutende, aus Wien stammende jüdische Frauenrechtlerin ist aber auch als großzügige Kunstsammlerin bekannt.

Auf zahlreichen Reisen durch Europa erwarb sie eine umfangreiche Sammlung von Spitzen und Eisenkunstguss, die sie dem Museum für Kunst und Industrie, heute MAK, im Jahr 1935 im Gedenken an ihre Eltern widmete. Mit der Ausstellung "Spitzen und so weiter ... Die Sammlungen Bertha Pappenheims im MAK" wird eine charakteristische Auswahl dieser heterogenen und doch verwandten Objekte präsentiert.

Ihre Lebensaufgabe fand Bertha Pappenheim nach ihrer Genesung in Frankfurt am Main, wo sie sich 1888 niederließ und als eine der bedeutendsten Vertreterinnen der jüdischen Frauenbewegung profilierte. 1907 gründete sie in Neu-Isenburg bei Frankfurt ein Heim für "gefallene" Mädchen, unverheiratete Mütter und deren Kinder, das sie bis zu ihrem Tod leitete. Auf zahlreichen Reisen durch ganz Europa informierte sie sich über die Lage jüdischer Frauen in Osteuropa. Ausgleich zu ihren aufreibenden Tätigkeiten suchte Bertha Pappenheim auf ihren Reisen im Kunstsammeln. Sie "müffelte", wie sie es selbst formulierte, bei Tandlern, Kunsthändlern und Privatverkäufern und legte eine überaus qualitätvolle Sammlung an, mit deren Widmung an das MAK sie das Museum entschieden bereicherte.

Pappenheims Kollektion von etwa 1850 Spitzen und Textilien umfasst klassische genähte und geklöppelte Spitzen aus Italien, Frankreich und Belgien aus dem 16. bis zum 18. Jahrhundert. Aus dem 19. und 20. Jahrhundert sind überwiegend filigrane Gebilde aus Mitteleuropa vertreten, die in Spitzenschulen hergestellt wurden oder deren Entwerfer bekannt sind (darunter Franziska Hoffmanninger, Mathilde Hrdlicka oder Leni Matthaei). Stickereien, Kostüme und Kostümteile sowie volkskundliche Textilien komplettieren die Sammlung. Neun Kleidungsstücke schenkte Bertha Pappenheim dem Museum schon 1932, darunter Gewänder, die sie selbst getragen hat.

Die Eisenkunstgusssammlung besteht aus siebzig Objekten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem Schmuck aber auch Ziergegenstände wie Kerzenleuchter oder Lichtschirmhalter.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: "Spitzen und so weiter ... Die Sammlungen Bertha Pappenheims im MAK", hg. von Peter Noever, mit Textbeiträgen von Dagmar Sachsenhofer, Elisabeth Schmuttermeier, Angela Völker und Gudrun Wolfgruber, deutsch/englisch, Broschur, ca. 96 Seiten, ca. 100 Abbildungen, MAK/Schlebrügge.Editor Wien 2007, EUR 23,–

Spitzen und so weiter ...
Die Sammlungen Bertha Pappenheims im MAK
3. Oktober 2007 bis 24. März 2008