Silent Movie

20. Dezember 2018 Walter Gasperi
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In den 1970er Jahren einen Stummfilm zu drehen, ist ein gewagtes Projekt. Mel Brooks erzählt natürlich nicht nur davon, sondern erzählt davon in Form eines Stummfilms und mischt liebevolle Parodie mit anarchischem Biss. Das Slapstickvergnügen ist bei Pidax Film in digital restaurierter Fassung auf DVD erschienen.

Neben Woody Allen sorgte in den 1970er Jahren in den USA Mel Brooks für eine Erneuerung der Filmkomödie. Nicht nur mit "Blazzing Saddles - Der wilde wilde Westen" (1974), "Frankenstein Junior" (1974) und der Hitchcock Hommage "Mel Brooks Höhenkoller – High Anxiety" (1977), sondern natürlich auch mit "Silent Movie" (1976) hat der gebürtige New Yorker dabei der amerikanischen Filmgeschichte seine Reverenz erwiesen, sich aber auch satirisch über Hollywood lustig gemacht.

Im Mittelpunkt von "Silent Movie" steht der einst erfolgreiche, aber durch Alkoholsucht tief gefallene Hollywood-Regisseur Mel Funn und seine zwei Assistenten Marty Eggs (Marty Feldman) und Dom Bell (Dom DeLuise). Funns Plan ist es mit einem Stummfilm ein Comeback zu feiern, doch der Studioboss ist entsetzt, stimmt dem Plan aber zu, wenn Funn zugkräftige Stars engagieren kann.

So besteht der Großteil des Films aus der Suche nach diesen Stars, während gleichzeitig der Verkauf des Studios an den Konzern "Gierschlund und Raffke" droht. Dessen englischer Name "Engulf and Devour" spielt natürlich auf die "Gulf and Western"-Corporation an, die 1996 die Paramount Studios schluckte. Bissig attackiert Brooks die Kommerzialisierung Hollywoods, die Dominanz des Geldes über künstlerische Interesse und verspottet lustvoll die Banker. Dem MGM-Motto "Ars gratia artis" ("Kunst um der Kunst willen") stellt Brooks folglich auch ein "Ars est pecunia" ("Kunst ist Geld") gegenüber.

Gleichzeitig nützt er die Suche nach Stars, bei denen der Film freilich zu einer Nummernrevue mit einer Abfolge hinreißender Slapstick-Szenen wird, zu einer Hommage an diese Stars, die sich in Kurzauftritten selbst spielen, und die klassische Stummfilmkomödie.

Trickreich muss hier Burt Reynolds ebenso vom Projekt begeistert werden wie nach einem furiosen Rollstuhlrennen, das unübersehbar das Wagenrennen aus "Ben Hur" zitiert, Paul Newman, mit dessen Image als Rennfahrer dabei gleichzeitig gespielt wird.

Nur als Ritter verkleidet kann sich das Trio Liza Minnelli nähern und sorgt mit den schweren Rüstungen in einem Restaurant freilich für großes Chaos, während sie Anne Bancroft als mexikanisches Gesangstrio in ihren Auftritt, der in eine hinreißende Tanzszene mündet, integrieren. Mit James Caan müssen sie dagegen in dessen instabilen Wohnwagen verhandeln, in dem durch genaue Gewichtsverteilung das Gleichgewicht, das schon durch eine kleine Melonekugel gestört werden kann, erhalten werden muss.

Als Running-Gag fungieren die Meldung von der Zusage der Stars und die Bedrohung eines Zeitungsverkäufers durch die Lieferanten der schweren Zeitungspakete. Nur ein Wort fällt im Film, und dies gibt ausgerechnet der Pantomime Marcel Marceau von sich, der doch eigentlich von Berufswegen nicht spricht. Prädestiniert für einen Stummfilm lehnt er auch als einziger das Angebot ab.

Parallel zur Suche nach Stars erzählt Brooks vom Versuch von "Gierschlund und Raffke" die Produktion des Stummfilms zu verhindern. Dass dies nicht gelingt, ist vorherzusehen, ein unbeschwertes und höchst amüsantes Filmvergnügen beschert "Silent Movie" dennoch.

Lustvoll parodiert Brooks nämlich die Muster der Hollywood-Filme, wenn sein Protagonist einen Rückfall in die Trunksucht erlebt, ebenso wie das Melodram, das Musical oder den Gangsterfilm und erfreut mit zahlreichen Slapstickeinlagen. Da muss der glubschäugige Marty Feldman als Marty Eggs, der aus unerfindlichen Gründen immer einer Fliegerkappe trägt, nicht nur Einiges einstecken, weil er hinter allen Frauen her ist, sondern wird auch durch einen Krankenhauslift gefordert.

Dom DeLuise hat mit einem hinterhältigen Getränkeautomaten zu kämpfen, der aber schließlich als Waffe eingesetzt werden kann, und der betrunkene Protagonist hat in seinem heruntergekommenen Hotelzimmer Probleme mit einem Klappbett.

Zum geschlossenen Ganzen fügt sich "Silent Movie" so nicht, ist aber reich an Kabinettstückchen klassischer Stummfilmkomik, und Brooks versteht es dabei auch – ganz im Stil von Jacques Tati – trefflich durch die Tonkulisse die Komik zu steigern.

An Sprachversionen verfügt die bei Pidax erschienene DVD über die englischen Zwischentitel sowie deutsche Untertitel und deutsche Untertitel für Hörgeschädigte. Die Extras umfassen neben Trailern zu weiteren Filmen dieses Labels den Originaltrailer zu "Silent Movie“, eine Bildergalerie und ein Booklet mit dem Reprint des "Neuen Filmprogramms" zu dieser rasanten Komödie.