Sieht man ja, was es ist

30. April 2013
19.02.2013 bis  05.05.2013
Bildteil

Rheinland, 70er Jahre: Die Kunstszene blüht auf und ist mit ihren Akademien, Galerien, einer jungen Messe und neuen Institutionen aktiv und gut vernetzt. Wenige Jahre zuvor wurde der Bonner Kunstverein gegründet. 1970 eröffnet Erhard Klein, ausgebildeter Bibliothekar, seine Galerie in der Königstraße 71 unweit des Bonner Hauptbahnhofs. Innerhalb weniger Jahren wird sie zu einem Meilenstein der rheinischen wie der internationalen Kunstszene.

Von Anfang an galt Kleins Hauptinteresse, bedingt durch enge Kontakte zur Düsseldorfer Künstlerszene um den Ratinger Hof, den deutschen Künstlern der Gegenwart: Joseph Beuys, Felix Drose, Georg Herold, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Imi Knoebel, Sigmar Polke, Ulrich Rückriem oder Katharina Sieverding zählten u. a. zu "seinen" Künstlern. Aus der engen, zum Teil freundschaftlichen Beziehung entstanden zahlreiche Editionen und Kunstwerke, die dieses Verhältnis direkt thematisierten oder verdeckte Botschaften und Rückbezüge enthalten. So zieht sich der von Joseph Beuys auf eine Einladungskarte gestempelte Spruch "Erhard Klein Unkonzentriert" durch die Geschichte der Galerie und wurde beispielsweise in Multiples von Kippenberger, Albert Oehlen oder Georg Herold aufgegriffen.

Klein betrieb seine Galerie von 1970 bis Anfang 1994 in Bonn und von 1994 bis 2006 in Bad Münstereifel-Mutscheid. Er präsentierte über ein Vierteljahrhundert wichtige Künstler aus der Region sowie der ganzen Welt in Bonn und machte sie international bekannt. Im Rahmen dieser Ausstellung werden die vielfältigen Editionen, die von den Künstlern oft eigens für die Galerie entworfen wurden, erstmals in einer Gesamtschau präsentiert - über 200 Werke von rund 50 namhaften Künstlern, die maßgeblich zum internationalen Ruf der rheinischen Kunstszene beigetragen haben.

Neben den einzelnen Künstlerpersönlichkeiten und der Galerie als impulsgebender Institution wird auch die Edition als Medium und ihre Erfolgsgeschichte seit den 60er Jahren gespiegelt. Der Wunsch nach einem stärkeren Austausch zwischen Kunst- und Alltagswelt, nach mehr Demokratisierung und erweiterter Teilhabe auch kunstferner Gruppen schlug sich insbesondere in den Auflagenwerken nieder. Die vielfältigen Ausdrucksformen des "Ideenträgers" Edition - von Weinflaschen, Transparenten, Büchern, Bügeleisen, Fotografien, Skulpturen oder einem "Omnibus für Direkte Demokatie" - werden in der Ausstellung erfahrbar. Eine Podiumsdiskussion wird es ermöglichen, das Medium Edition aus der historischen und der heutigen Perspektiven in einer erweiterten Runde zu besprechen.

Darüberhinaus erscheint die Ausstellung als eine selbstreflektive Plattform, um die Zukunftsperspektiven der rheinländischen Kunstszene anzusprechen und die Frage aufzuwerfen, was aus den künstlerischen Impulsen dieser Zeit geworden ist. Im Rahmen eines gemeinsamen Rundgangs durch die Ausstellung mit Künstlern verschiedener Generationen wird besprochen, wie sie mit diesem "Erbe" umgehen ist, und wie sie die neuen Dynamiken in der Region, ob z.B. Belgien und Holland Teil der jetzigen Wahrnehmung geworden sind, einschätzen.

Die Geschichte aus dem heutigen Standpunkt zu betrachten führt unvermeidlich dazu, daß sie neu geschrieben wird. Dies wird während eines offenen Seminars zu den 80er Jahren in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn in Gang gebracht werden. So präsentiert der Bonner Kunstverein im Jahr seines 50-jährigen Bestehens ein paralleles Kraftfeld, in dem neben der Geschichte der Galerie und der der eigenen Institution auch die Etablierung des Rheinlandes als wichtiges Kunstzentrum lesbar wird, und dessen Bedeutung für die Gegenwart zur Diskussion steht.

Sieht man ja, was es ist
Die Editionen der Galerie Erhard Klein 1972 - 2006
19. Februar bis 5. Mai 2013
Eröffnung: So 17. Februar 13, 12 Uhr

Bonner Kunstverein
Hochstadenring 22
D-53119 Bonn
T 0049 (0)228 693936
F 0049 (0)228 695589

Öffnungszeiten:
Di bis So 11 - 17 Uhr
Donnerstag 11 - 19 Uhr