Sehr gelungen: die Oper Maria Stuarda am Vorarlberger Landestheater

Eine liebgewonnene Tradition ist die jährliche Opernproduktion des Vorarlberger Symphonieorchesters mit dem Landestheater. Wohlweislich sucht man Stücke entsprechend dem begrenzten Budget aus, die sängerische Qualität ist jedenfalls immer hochkarätig und diesmal reichte es für einen 26-köpfigen Chor aus, entsprechend genussvoll anzuhören waren auch diese Parts.

Der schön geformte, stimmgewaltige Bregenzer Festspielchor (unter der versierten Leitung von Benjamin Lack) scheint in der Anfangsszene allerdings eine viel zu kleine Bühne sprengen zu wollen, wenn er jubelnd die Ankunft der Königin erwartend französische Papierfähnchen schwingt, in der Hoffnung, dass Elisabetta endlich dem Werben des französischen Königs nachgibt. Etwas befremdlich aber auch, dass die vor geschlossenem Vorhang gespielte (zu) lange Sinfonia, für die sich der peruanisch-finnische Dirigent Arturo Alvarado als Ouvertüre entschieden hat, die Einstimmung auf den schicksalhaften Machtkampf zweier starker Frauen nicht intensivierte, sondern eigentlich nur die herausfordernde Akustik des Kornmarktheaters verdeutlichte. Alvarado setzt das tragische Preludio an späterer Stelle ein. Höchst anstrengend war es auch, die für die Erzählung der Historie maßgeblichen Libretto-Textzeilen mitzulesen, weil der Kontrast viel zu schwach eingestellt war.

Alles Weitere nur noch in höchsten Tönen: Der Konflikt der Hauptfiguren um Politik und Macht, Eifersucht und Rache, Intrigen und missbrauchtes Vertrauen wird von der ukrainischen Mezzosopranistin Sofia Soloviy als Elisabetta und der slowakischen Sopranistin Eva Bodorová als Maria Stuarda eindrücklich und meisterinnenhaft auf die Bühne gebracht. Donizetti gibt mit den anspruchsvollen Koloraturen zur Zeichnung der zwei völlig verschiedenen Charaktere ein probates musikalisches Mittel vor: für Maria, grundsätzlich unschuldig und sympathisch, durch weitgespannte, lyrische Melodiebögen und edle Kantilenen, für die stolze, ständig ihre meist negativen Gefühle zu verbergen versuchende Elisabetta mit Arien düsterer und unvermittelter Wendungen.

Roberto, der Graf von Leicester – alias Hyunduk Kim mit kräftiger ausgewogener Tenorstimme – will die unmögliche Mission erfüllen, die Rivalinnen auszusöhnen, provoziert jedoch nur Eifersucht und die Entschlusskraft bei der Königin, Marias Todesurteil zu unterschreiben, wozu der intrigante Lord Burghley Guglielmo Cecil seine ganze Überredungskunst einsetzt. Der amerikanische Bariton Gabriel Wernick ist eine sehr gute Wahl. An dieser Stelle sei bemerkt, dass alle, auch die Sänger, wallendes langes Haar verpasst bekommen haben und in heutige Kostüme gekleidet sind.

Nur zur eindringlichen Schlussszene tritt Maria im würdigen historischen Gewand der Hinrichtung entgegen. Zuvor gibt es die berührende Lebensbeichte vor Talbot – sehr präsent, der in der Schweiz lebende ukrainische Bariton Andrii Ganschuk, stimmlich wie in Gestalt –, der priesterlichen Beistand zu geben vermag. In diesem letzten Akt gelingt der argentinischen Choreografin Teresa Rotemberg in ihrer Inszenierung die emotionale Verdichtung auf der Bühne am besten, und der Chor wird final in der Dunkelheit und mit Weiterreichung von Kerzenlicht doch noch sehr stimmig-mystisch eingesetzt.

Donizettis Oper widmet sich eigentlich ja nur den letzten Tagen Maria Stuards. Wie spannend sind die im Programmheft mitgelieferten Vorgeschichten, Hintergründe zu Namen wie Ereignissen und über historische Verwandtschaftsverhältnisse nachzulesen! So könnte die Tatsache, dass Maria Stuarts Sohn nach dem Tod von Königin Elisabeth I. als Jakob I. (1566- 1625) deren Nachfolger auf Englands Thron wurde, als Happy End aufgefasst werden.

MARIA STUARDA Oper von Gaetano Donizetti
Libretto: Giuseppe Bardari

Elisabetta, Königin von England: Sofia Soloviy
Maria Stuarda, Königin von Schottland: Eva Bodorová
Roberto, Graf von Leicester: Hyunduk Kim
Giorgio Talbot, Graf von Shrewsbury: Andrii Ganschuk
Guglielmo Cecil, Lord Burghley: Gabriel Wernick
Anna, Maria Stuardas Vertraute: Lucija Varsic

Musikalische Leitung: Arturo Alvarado
Inszenierung: Teresa Rotemberg
Bühne und Kostüm: Sabina Moncys
Licht: Arndt Rössler
Dramaturgie: Ralph Blase
Leitung und Einstudierung Bregenzer Festspielchor: Benjamin Lack
Symphonieorchester Vorarlberg
am Vorarlberger Landestheater

Weitere Aufführungen:
Mi 22.3. / Fr, 24.3. und Di, 28.3, 19.30 Uhr
So, 19.3. / So, 26.3. und So, 2.4, 17.00 Uhr
im Theater am Kornmarkt, Bregenz