Das Kunstmuseum Basel zeigt 15 Radierungen des deutsch-französischen Künstlers Wols (1913-1951). Die kleinformatigen Radierungen entstanden meist als Illustrationen zu Büchern. Ergänzt wird die Präsentation durch frühe Zeichnungen des Künstlers aus der Sammlung. "Sehen heißt die Augen schließen" gibt einen Einblick in die künstlerische Welt von Wols, für den "ein winziges Blatt Papier die ganze Welt enthalten" konnte.
Als Alfred Otto Wolfgang Schulze in Berlin geboren, emigrierte Wols 1932 nach Paris. In seinem kurzen Leben schuf er ein bahnbrechendes Werk an der Schnittstelle von Surrealismus und gegenstandsloser Kunst. Wols gilt als einer der Wegbereiter der abstrakten Kunst des Informel in der europäischen Nachkriegszeit. Bereits seine frühen Tuschezeichnungen und Aquarelle zeigen traumhaft bizarre Kompositionen aus zarten Linienstrukturen, biomorphen Körpern und geometrischen Architekturformen. Diese Elemente griff Wols auch in seinen Radierungen auf.
Verglichen mit dem Umfang seines zeichnerischen Oeuvres ist Wols’ druckgraphisches Werk überschaubar: Neben einer posthum gedruckten Lithographie umfasst es 53 Radierungen. Wols bevorzugte die Kaltnadeltechnik gegenüber der Radierung mit Ätzung, da er mit der spitzen Stahlnadel Breite, Tiefe und Intensität der Linien selbst bestimmen konnte. Außerdem erlaubt diese Technik einen ebenso spontanen und expressiven Gestus wie das Zeichnen mit Feder und Tusche.
Wols’ Radierungen sind alle undatiert und entstanden in einer kurzen Phase nach dem Zweiten Weltkrieg. 29 seiner Kaltnadelradierungen entstanden für Bücher von zeitgenössischen Autoren wie Camille Bryen (1907-1977), Jean Paulhan (1884-1968) oder seinem Freund Jean-Paul Sartre (1905-1980). Die Buchillustrationen waren eine wichtige Einnahmequelle im unsteten Leben des Künstlers.
Wols hat sich mit dem Inhalt der von ihm illustrierten Bücher auseinandergesetzt. Dieser Kontext hilft jedoch nicht bei der Interpretation seiner Radierungen. Es handelt sich nicht um klassische Illustrationen von Texten, sondern eher um bildliche Entsprechungen. Wie in seinem gesamten künstlerischen Schaffen versuchte Wols, seine Wahrnehmung der Umwelt als eine Art parallele Realität oder "analoge Schöpfung" wiederzugeben. So finden sich in seinen Radierungen ganz eigene Lebensformen zwischen Gegenständlichem, Naturnahem und Abstraktem.
Wols gab seinen rätselhaften Arbeiten keine Titel. Diese wurden erst posthum assoziativ vergeben. In seinem ersten Ausstellungskatalog forderte der Künstler sogar ausdrücklich: "Bitte keine Analysen oder Erklärungen". Diese Offenheit der Darstellungen für eigene Interpretationen macht den besonderen Reiz der Radierungen von Wols aus.
«Sehen heißt die Augen schließen»
Wols auf Papier
bis 11. Mai 2025
Hauptgebäude, Grafisches Kabinett