Schweizer Gegenwartskunst im Museum Rietberg

Das Fremde, Ungewohnte scheint uns zu verunsichern. Diskussionen über Kunst im öffentlichen Raum und Masseneinwanderung prägen die aktuellen Debatten. Exotische Reiseziele und Buddhas als Dekor sind uns hingegen vertraut und werden selbstverständlich in unser Leben integriert. Einundzwanzig Schweizer Künstlerinnen und Künstler nehmen den Dialog mit den aus fernen Ländern stammenden Kunstwerken der Rietberg-Sammlung auf. Sie reflektieren das geografisch und zeitlich Fremde mit ortspezifischen Installationen, Interventionen im Park, Performances und den Mitteln des Theaters und der Literatur.

Die vieldiskutierte "Globalisierung der Kultur" beeinflusst auch die Kunstrezeption sowie die Suche nach Erkenntnis mit den Mitteln der Kunst. Wie verhält sich eine lokale zur globalen Produktion und Rezeption? Wie verändern sich die Paradigmen kultureller Identität? Gibt es die Möglichkeit fremde Welten zu verstehen? In den ethnologischen Museen, die den Diskurs der "Weltkunst" im 19. und 20. Jahrhundert anführten, fanden diese Themen bisher wenig Widerhall. Es ist mittlerweile zwar gängig, historische Sammlungen mit zeitgenössischer Kunst zu konfrontieren, das Thema des historisch Fremden wurde bis heute jedoch kaum beleuchtet. Doch gerade hier hat die Frage nach der Relevanz und Legitimation einer Sammlung eine zwingende Bedeutung.

Wie gehen wir mit dem musealen Objektkult um? Was bedeutet es, religiöse Kunst in einem säkularen Museum auszustellen? Verstehen wir die Kriterien mit denen Menschen vor 2000 Jahren auf der anderen Seite der Welt Artefakte schufen? Können wir einen Zugang zu den im Museum Rietberg bewahrten Werken jenseits der exotischen Ästhetik finden? Im Sinne einer ganzheitlichen Befragung des Museums werden während der Ausstellung Aktionen, Vorträge und Diskussionen geführt. Im Rahmen eines internationalen Symposiums in Kooperation mit dem Johann Jacobs Museum werden diese Fragen vertieft.

Zur Ausstellung erscheint zudem das Buch "nur das Fremde ist in der Fremde fremd" in der Edition Patrick Frey. Alle einundzwanzig Künstlerinnen und Künstler nehmen auch hier den Dialog auf, indem sie, neben der Dokumentation ihres Werkes, einige Seiten frei bespielen. Zu jedem Projekt verfasst eine Kuratorin oder ein Kurator des Museums Rietberg unter Einbezug ihrer kunsthistorischen Perspektive einen Text, der der Sicht einer Kuratorin oder einem Kurator für zeitgenössische Kunst gegenübergestellt wird.

Mit der Befragung des Museums Rietberg und seiner Sammlung beschäftigen sich somit Künstlerinnen und Künstler, Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, Kuratorinnen und Kuratoren, vor allem aber auch die Besucherinnen und Besucher. Denn für die regelmässigen Besucherinnen und Besucher ist die "exotische" Sammlung das Bekannte. In dieser Ausstellung wird es mit dem Fremden, der zeitgenössischen Kunst konfrontiert. Ist die historische Sammlung aussereuropäischer Kunst eine unzeitgemässe Präsentation von Trophäen, das Kuriositätenkabinett einer Stadt, voll von postkolonialem Gedankengut? Oder ist es im Gegenteil ein Zukunftsmodell und eine Grundlage, um zeitgenössische Diskurse sichtbar zu machen und in einen erweiterten, einerseits aussereuropäischen und anderseits historischen Kontext zu stellen?

KünstlerInnen: Lukas Bärfuss, Olaf Breuning, Stefan Burger, Fischli/ Weiss, San Keller, Naomi Leshem, Lutz/ Guggisberg, Fabian Marti, Jso Maeder, Yves Netzhammer, Caro Niederer, Pulp Noir, Mai-Thu Perret, Porte Rouge, Peter Regli, David Renggli, Pipilotti Rist, Shirana Shahbazi, Peter Weber, Nives Widauer, Wiedemann/ Mettler

Katalog: "Das Fremde ist nur in der Fremde fremd", Hrsg. Damian Christinger / Museum Rietberg. Mit Beiträgen u.a. von Lukas Bärfuss und Peter Weber. Gestaltung: Krispin Heé und Samuel Bänziger. Edition Patrick Frey. Gebunden ca. 136 Seiten, ca. 100 Farbabbildungen. 31 x 23 cm. CHF 48 | EUR 38. ISBN 978-3-905929-55-3 (D).


Gastspiel
Schweizer Gegenwartskunst im Museum Rietberg
12. Juli bis 9. November 2014