Schicksal von Kindersoldaten als Abenteuerspiel

16. Februar 2008
Bildteil

Zum Bestseller entwickelte sich 2004 Senait Meharis Autobiographie "Feuerherz", löste aber auch Kontroversen aus, da der Wahrheitsgehalt von Meharis Schilderungen ihrer Erfahrungen als Kindersoldatin in Eritrea von verschiedenen Seiten bestritten wurde. – Ein einziges Ärgernis ist nun allerdings Luigi Falernis Verfilmung von Meharis Buch, die im Wettbewerb der Berlinale ihre Weltpremiere feierte.

Vor dem Berlinale-Palast verteilten Aktivisten Flugblätter, in denen hingewiesen wurde, dass "Feuerherz" die Wahrheit entstelle: Das Camp, in dem Mehari gelebt habe, sei eine Schule gewesen, und auch die Autorin habe eingestanden, dass sie keine Kindersoldatin, sondern ein "Kind des Krieges" gewesen sei. – Dass der Film nun dem Buch folgt und von Kindersoldaten in Eritrea erzählt, kann man ihm kaum vorwerfen, wohl aber wie hier das Schicksal dieser Kinder verharmlost wird.

Eine einfache kindliche Erzählweise mag zwar zu einem Film wie "Die Geschichte vom weinenden Kamel", mit dem Falorni zusammen mit Byambasuren Davaa ein Welterfolg gelang, passen, führt aber bei einem Film über Kindersoldaten zu einem verheerenden Ergebnis. Vom Insert mit der geographischen Lage und der auf zwei Sätze reduzierten politischen Situation am Beginn bis zum Ende, wenn sich drei Kinder mir nichts, dir nichts einfach aus dem Lager verabschieden und wenig später in der sudanesischen Wüste von Nomaden aufgelesen werden, vereinfacht Falorni konsequent, reiht brav und ohne wirklichen dramaturgischen Aufbau Szene an Szene. Statt Verdichtung, die Anteilnahme erzeugen könnte, kennzeichnet oberflächliche Bebilderung "Feuerherz".

Zu entschuldigen wäre ja noch, dass die politische Situation aufgrund der Perspektive der etwa 10jährigen Awet nicht durchleuchtet wird, doch dass der Film in schönen Bildern mit Sonnenuntergängen oder Gewitterstimmung schwelgt und die Figuren durchwegs schön und top gestylt sind, ist ebenso wenig zu entschuldigen wie die Verharmlosung des Lebens im Lager. Die detailreich geschilderte Ausbildung mit der Waffe wird hier ebenso zum netten Abenteuerspiel wie ein Gefecht mit dem gegnerischen Stamm. Nur die kleine Awet durchschaut das böse Treiben und stellt selbstbewusst der Führerin – leitende Positionen üben in der Kampftruppe seltsamerweise Frauen aus – kritische Fragen.

Nicht ob das, was hier gezeigt wird wahr oder falsch ist, ist der Skandal dieses Films, sondern wie es gezeigt wird. Denn in der oberflächlichen und eindimensionalen Darstellung, in den schönen und aufgeräumten Bildern, in der kindgerechten Aussparung oder Glättung von Grausamkeiten, verharmlost "Feuerherz" in schlimmster Weise das erschütternde Schicksal von real existierenden Kindersoldaten. – Was als aufklärerischer und pädagogisch wertvoller Film angelegt ist, verkehrt sich dadurch in sein Gegenteil.