Schafshuf oder Katzenzunge

7. September 2015 Kurt Bracharz
Bildteil

Der Semmelstoppelpilz (Hydnum repandum) ist eigentlich ein guter und fast immer madenfreier Speisepilz, der trotzdem kein besonderes Ansehen genießt. Das beginnt schon bei den Anfängern unter den Pilzsammlern, die ihm wegen seiner harmlosen "Stacheln", die ihm englisch Hedgehog mushroom und spanisch Lengua de gato als Namen eingetragen haben, nicht über den Weg trauen, obwohl es in der Familie der Stachelpilze keine giftigen Arten gibt, und setzt sich auf den Wochenmärkten fort, wo er kaum gekauft wird, weil man ihn nicht kennt.

In der besseren Gastronomie wird er meistens mit seinem französischen Namen "Pied de mouton" auf die Karte gesetzt. Sein Hut ist zunächst dickfleischig und kann beim späteren Abflachen 15 cm Durchmesser erreichen. Die "Stacheln" sind die Sporen erzeugende Fruchtschicht des Pilzhutes, wie bei anderen Pilzgattungen die Lamellen oder die Röhren. Viele dieser kleinen Stacheln fallen ab, wenn man den Pilz nach Hause trägt, aber auch der Pilzhut selbst ist leicht zerbrechlich. Das Farbspektrum reicht von Weiß über Gelb bis Orange, die übliche Färbung ist blassgelb. Bitterkeit tritt am ehesten in den Stacheln auf, die man deshalb vor der Zubereitung entfernt. Auch Kochen nimmt den Pilzen jede Bitterkeit, man isst sie aber nicht so, sondern brät oder schmort sie allein oder in Pilzmischungen.

Luce Höllthaler behauptet in "Pilz-Delikatessen für Sammler und Genießer", Weil Der Stadt 1994, dass man Semmelstoppelpilze besonders häufig dort fände, wo es keine Pfifferlinge gibt, und fährt dann mit einem Vergleich der beiden (nicht miteinander verwandten) Pilze fort: "Ich habe schon oft Semmelstoppelpilzgerichte in Ermangelung von Pfifferlingen als solche deklariert. Und jedes Mal wurde es mir von Feinschmeckern ohne den geringsten Zweifel abgenommen. Nur zu alte Exemplare, deren Hutwölbung schon braunstichig ist, sind leicht bitter und schmecken nicht mehr gut, besonders, wenn sie im Buchenwald stehen. Im Nadelwald bleibt ihr Geschmack länger mild."

Höllthaler hat mehrere Verwendungen für diesen Pilz, wobei er sich hinsichtlich der Fundorte selbst widerspricht: "Junge Pfifferlinge, Korallen und Semmelstoppelpilze findet man oft nebeneinander. Sie weisen eine sehr ähnliche, knackige Konsistenz auf, und deshalb lege ich sie gerne gemeinsam als saure Pilze ein." Auch sein zweites Rezept mischt Pifferlinge mit Semmelstoppeln, wenn er diese Pilze "à la Provençale" mit Knoblauch in Olivenöl brät, das überschüssige Öl mit Semmelbröseln bindet und alles mit Petersilie bestreut. Dieses Pilzgemüse empfiehlt er als Beilage zu gebackener Kalbsleber.