Das Kunstmuseum Stuttgart widmet Sarah Morris eine umfassende Retrospektive. Die Präsentation von Arbeiten aus drei Jahrzehnten unterstreicht die Vielfalt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit einer sich rasant verändernden Welt.
Der Ausstellungstitel "All Systems Fail" - hyperbolisch, paradox und weitsichtig zugleich - ist eine Anspielung auf das Anthropozän, unser gegenwärtiges Zeitalter, in dem sich strukturelle und ökologische Krisen durch die Auswirkungen menschlichen Handelns von der Industrialisierung bis zur Globalisierung zunehmend verschärfen. Indem sie Momente der Transformation skizziert, hat Morris eine neue visuelle Formensprache entwickelt - von der Digitalisierung menschlicher Beziehungen bis zum allgegenwärtigen Versagen politischer und sozialer Systeme. Sie steht in einer Reihe mit Künstler:innen, die mit ihrem Werk auf Pop Art, Minimalismus und Institutionskritik reagieren, entwirft dabei jedoch eine eigenständige künstlerische Vision. Die Ausstellung zeigt, wie die Künstlerin die Psychologie und Typologie von Orten visuell neu interpretiert.
Seit den frühen 1990er Jahren schafft Sarah Morris Werke, die sich mit Netzwerken und Systemen, Ökonomie und Architektur sowie urbanen Infrastrukturen auseinandersetzen - und die unsere Wahrnehmung davon nachhaltig beeinflussen. Ihre geometrischen Kompositionen in leuchtenden Farben unterlaufen das schematische Raster der Moderne, vielmehr geht es ihr darum, ökonomische Strukturen anzudeuten. In ihren " kognitiven Landkarten ", wie Morris ihre Arbeiten selbst bezeichnet, verändert sie immer wieder Perspektive, Maßstab und Farbe, um dem Betrachter die Möglichkeit zu geben, sich in ihren Mikro- und Makrokartographien neu zu orientieren. Sie überführt das dichte Gefüge der Metropolen in eine malerische Abstraktion und schafft so eine Matrix der räumlichen und semiotischen Desorientierung.
Die Künstlerin versteht ihre Gemälde und filmischen Arbeiten als offen für unterschiedliche Lesarten. Die Arbeiten sollen dem Betrachter das Gefühl vermitteln, immer Teil eines größeren Systems zu sein. Sie behandeln eine Vielzahl von Themen wie multinationale Konzerne, Verkehrsnetze, digitale Kartographie, Büroausstattung, Sprache und Mondphasen, um nur einige zu nennen.
In ihren filmischen Stadtportraits konzentriert sie sich auf Momente der Transformation und des globalen Austauschs - und bezieht diese zugleich auf ihre unterschiedlichen und vielfältigen Kontexte. Morris verdichtet Banalitäten, Architekturen, Menschen, Ereignisse und Machtverhältnisse, entlang derer sich Kartographien unserer Gegenwart entwickeln lassen, wobei sie Fiktion und Realität in einem einzigartigen Blick auf die Dinge zusammenführt. Ihre Filme erfassen die Psychogeografie der Stadt als unendlichen, vernetzten Raum. In vielschichtigen und fragmentierten Erzählungen untersucht sie die Beziehungen zwischen Orten, Produktion und Navigationssystemen.
Sarah Morris, geboren 1967, lebt und arbeitet in New York.
Sarah Morris
All Systems Fail
bis 9. Februar 2025