Roger Ballen - Zeichnung trifft auf Fotografie

Roger Ballen zählt zu den einflussreichsten Fotokünstlern des 21. Jahrhunderts. Als künstlerische und wissenschaftliche Leiterin holt Nina Ansperger sein Werk nun erstmals ins Museum Gugging. In der Ausstellung rückt die Zeichnung als zentrales Element in Ballens Werk in den Fokus. Sie spielt sowohl in Ballens Werk als auch in der Gugginger Kunst eine zentrale Rolle.

Für das Museum Gugging ist die Schau eine außergewöhnliche fotografiebasiere Ausstellung. Die ausgestellten Fotografien, Zeichnungen, Skulpturen, Radierungen und Polaroids des 1950 in New York geborenen und seit Jahrzehnten in Südafrika lebenden Künstlers zeigen eine tiefe Verbundenheit mit der Art Brut im Sinne Jean Dubuffets.

Roger Ballen bezeichnet sich selbst als „Outsider“. Die von ihm inszenierten menschlichen, tierischen und skulpturalen Akteure bewegen sich am Rande der Gesellschaft. Im Sinne seiner „ballenesquen“ Ästhetik erscheinen sie in einer düsteren, symbolisch aufgeladenen Bildwelt, die niemanden unberührt lässt. Die über 80 durchgehend großformatigen und detailreichen Werke in der Ausstellung stammen aus den Jahren 1998 bis 2024 und umfassen somit sowohl seine bekannten Schwarz-Weiß-Fotografien als auch seine Farbfotografien der letzten Jahre.

Sechs Serien repräsentieren sein zentrales Werk in der Schwarz-Weiß-Fotografie von 1998 bis 2017: „Outland” steht für eine Abkehr von der Sozialdokumentation. Es handelt sich um inszenierte Szenen, in denen die Absurdität und Entfremdung der Situationen noch verstärkt werden. Für „The Theatre of Apparitions“ wurden in Zusammenarbeit mit Marguerite Rossouw Bilder auf den Fenstern eines verlassenen Lagerhauses mit Maltechniken und scharfen Werkzeugen geschaffen. Diese Bilder wurden dann auf Film fotografiert. In „Shadow Chamber” sind die Personen von Stoffen umgeben und die Wände sind mit Zeichnungen bedeckt. In dieser Serie verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.

In „Boarding House“ wirken die Szenen wie ein Wachtraum. Der Schwerpunkt liegt hier auf gezeichneten und skulpturalen Elementen. In der ebenfalls mit Zeichnungen angereicherten Serie „Asylum of the Birds“ sind die Vögel nicht mehr auf den Himmel beschränkt, sondern bewohnen von Chaos und Gewalt beherrschte Räume. „Roger’s Rats“ hinterfragt mit inszenierten Bildern von lebenden oder gezeichneten Ratten die westliche Symbolik der Ratte als Inbegriff des Bösen. Ein Großteil der auf den Fotografien abgebildeten Zeichnungen wurde von den Akteur:innen selbst angefertigt. Etwa 30 dieser Zeichnungen sind in der Ausstellung zu sehen. Diese Zeichnungen auf Wänden, Pappe oder Papier, die mit Kreide, Kohle oder gefundenen Materialien angefertigt wurden, sind flüchtig und vergänglich und überleben oft nur in der Fotografie.

Roger Ballens Farbfotografien aus den Jahren 2018 bis 2024 zeichnen sich ebenfalls durch ein enges Verhältnis von Zeichnung und Fotografie, Inszenierung sowie eine sehr zurückhaltende Farbgebung aus. In der Ausstellung sind zudem selten gezeigte Radierungen und Polaroids von Roger Ballen zu sehen, die der Künstler als Zeichnungen überarbeitet hat und die somit in den Kanon der Zeichnung passen. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die eigens geschaffene, bewegliche Skulptur „Drawing Man“.
Sie zeigt den Künstler selbst beim Zeichnen an einem Tisch. Vor Ort erzeugt sie die gleiche Atmosphäre, die auch in seinen Fotografien zu finden ist. Die ausgestellten Zeichnungen, Radierungen, Polaroids und Skulpturen zeigen die kontinuierliche Weiterentwicklung von Roger Ballens fotografischer Praxis.

Roger Ballen! Drawing meets Photography
25. September 2025 bis 15. Februar 2026