Robert Frank - Memories
Der 1924 in Zürich geborene und letztes Jahr in Kanada verstorbene Robert Frank zählt zu den bedeutendsten Fotografen unserer Zeit. Wie kein anderer hat er über Jahrzehnte die Grenzen der Fotografie erweitert und ihr narratives Potenzial ausgelotet.
Tausende von Kilometern hatte Robert Frank Mitte der 1950er-Jahre zwischen der amerikanischen Ost- und Westküste zurückgelegt und dabei knapp 700 Filme belichtet. Eine Auswahl von 83 Schwarzweissbildern aus dieser Mischung von Tagebuch, düsterem Gesellschaftsporträt und fotografischem Roadmovie sollte Generationen von Fotografinnen und Fotografen prägen. Das Fotobuch "The Americans" erschien zunächst in Paris, bevor es 1959 auch in den USA publiziert wurde – eingeleitet von keinem Geringeren als dem Beat-Literaten Jack Kerouac. Schräge Einstellungen, angeschnittene Figuren und Bewegungsunschärfen kennzeichneten einen neuen fotografischen Stil zwischen Dokumentation und Erzählung, der die Nachkriegsfotografie nachhaltig veränderte.
Dieses vielleicht einflussreichste Buch der Fotogeschichte war jedoch kein spontaner Geniestreich; vielmehr hatte sich Frank seine subjektive Bildsprache über Jahre erarbeitet. Seine Aufnahmen aus der Schweiz, Europa und Südamerika ebenso wie seine bisher kaum gezeigten Arbeiten aus den USA zu Beginn der 1950er-Jahre sind den berühmten Klassikern aus "The Americans" oft ebenbürtig. Das aus editorischen Gründen unveröffentlicht gebliebene und daher bis heute wenig bekannte Frühwerk des Fotografen offenbart Verbindungen zu jenen ikonischen Bildern, die unsere Vorstellung von Amerika bis heute bestimmen.
Im Zentrum der Ausstellung "Robert Frank – Memories" steht die erzählerische Kraft von Robert Franks Bildsprache, die sich gegen alle Konventionen entwickelte und erst dann internationale Anerkennung erfuhr, als sich Frank bereits von der Fotografie verabschiedet und dem Medium Film zugewandt hatte. Gezeigt werden zur Hauptsache Vintage-Silbergelatineabzüge aus der Sammlung der Fotostiftung Schweiz, die entweder aus der ehemaligen Sammlung von Robert Franks langjährigem Freund Werner Zryd stammen (heute im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft) oder vom Künstler der Fotostiftung Schweiz geschenkt wurden. Sie werden ergänzt mit einigen Leihgaben des Fotomuseum Winterthur. Eine Präsentation der Bücher und Filme, die der Verleger Gerhard Steidl während mehr als 15 Jahren mit Robert Frank herausgegeben hat, begleitet die Ausstellung (in der Passage zur Bibliothek und im Seminarraum).
Robert Frank - Memories
12. September 2020 bis 10. Jänner 2021
Kurator: Martin Gasser
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