Renoir unplugged - Bilder ohne Rahmen

Das Museum Langmatt wagt eine aussergewöhnliche Ausstellung: Wie sehen impressionistische Bilder ohne Rahmen aus? Darf man sie so überhaupt zeigen? Wie wirken sie in anderen Rahmen – in silbernen, schwarzen oder zeitgenössischen? Am Beispiel der grössten Impressionisten-Gruppe der Sammlung präsentiert die Langmatt Bilder von Pierre-Auguste Renoir ohne Rahmen, mit neuen und einige als Vergleich mit ihren bisherigen Rahmen. Das Ergebnis ist verblüffend: Ohne Rahmen steigen die geschätzten Meisterwerke vom "Sockel", wirken zerbrechlich und überraschend geerdet. Es ist kaum zu glauben, wie radikal die Bilder ihren Ausdruck verändern.

Das Publikum fragt regelmässig nach den Rahmen der impressionistischen Werke. Die zumeist barocken Rahmen finden nicht immer Gefallen. Das Museum Langmatt nimmt die Fragen zum Anlass, um zu zeigen, in welch ungeahntem Masse Rahmen die Wahrnehmung von Bildern prägen. Bei den französischen Impressionisten kommen 120 bs 150 Jahre Sehgewohnheit hinzu, diese Bilder fast ausschliesslich in goldenen Rahmen aus dem Barockzeitalter wahrzunehmen. Ein erstaunliches Paradox, da die Impressionisten als Vorreiter der Moderne gelten. Barocke, goldglänzende Opulenz und die Sinnenfreude impressionistischer Farbigkeit sind ein schier unzertrennliches Bündnis eingegangen. Die Ausstellung bietet ungeahnte Überraschungen und erhellende Vergleichsmöglichkeiten: Je nachdem, ob und wenn ja, welcher Rahmen zum Einsatz kommt, ergeben sich komplett unterschiedliche "Auftritte" der Bilder.

Eine historische Recherche beleuchtet die Herkunft der Rahmen: Briefe belegen etwa, wie der bedeutende Pariser Kunsthändler Ambroise Vollard für opulente Rahmen sorgte, die dem Geschmack der Zeit entsprachen. Doch Sidney und Jenny Brown nahmen sich dem Thema Rahmung gelegentlich auch persönlich an, wie Rechnungen beweisen. Auch Vergleiche mit historischen Ansichten des Langmatt-Interieurs zeigen, dass die Browns manche Werke Jahre nach ihrem Erwerb umrahmen liessen. Eine Auswahl aufschlussreicher Dokumente aus dem Familienarchiv ergänzt die Ausstellung.

Ein digitales Vermittlungselement öffnet einen erfrischenden Zugang zu Renoir unplugged: Mittels Augmented-Reality-App können Besucher:innen auf Museumstablets ausgewählte Bilder unterschiedlich rahmen oder sie mit Referenzwerken aus aller Welt vergleichen. So gibt ein Gemälde aus der Barnes Foundation (USA) die Identität des Modells des Langmatt-Bildes "Die Lektüre" zu erkennen: Die Abgebildete hiess Andrée Catherine Hessling und heiratete später Renoirs Sohn, Jean. Auch zu einem Werk aus dem Metropolitan Museum in New York besteht eine direkte Verbindung: Es zeigt den Vater von Paul Meunier, dessen Porträt sich in der Sammlung der Langmatt befindet.

Renoir unplugged
6. März bis 4. September 2022