Red Harvest

Das Werk von Didier Marcel begibt sich auf einen von Sensibilität geprägten geistigen Streifzug durch das Thema Landschaft. In Zeiten, da diese längst zu einem - ästhetischen wie historischen - Klischee verkommen ist, dient sie Didier Marcel ebenso sehr als Motiv wie als eigenständige Kunstform. Seine Arbeit entwickelt sich aus natürlichen oder architektonischen Landschaftsfragmenten. Voll Ironie und Fantasie, Eleganz und Präzision fertigt er Abgüsse und Abdrücke an, verschiebt und deplatziert. Er zerlegt die Landschaft in eine Abfolge von Zeichen, die er reproduziert, indem er sie mit den Zeichen der Kunst kombiniert.

So ebnet die Landschaft einer Reflexion über die Skulptur generell der Weg. In diesem Fall dekliniert die Skulptur ein Genre, das als Spekulationsobjekt und Metapher einer Projektion menschlichen Seins auf die Welt gleichermaßen verstanden und als solche zum puren ästhetischen Objekt erhoben wird. Angesiedelt zwischen Modell und Monument, zwischen Hymne auf die Banalität, Reiz des genius loci und einfühlsamer Darstellung, erwächst die Skulptur bei Didier Marcel aus landschaftlichen Überresten.

"Red Harvest" ist architektonische in-situ-Konstruktion und überdimensionale Wandskulptur in einem, mit einer Subtilität, die an die raue Schönheit des Kunstraums Dornbirn appelliert. An die Rückseite einer Wand montiert, deren akkurater Aufbau mit der Herbheit des Ortes kontrastiert, nimmt sich der rote Abguss eines abgeernteten Maisfeldes aus wie ein Monumentalgemälde: "Red Harvest" verknüpft einen Eindruck von Trostlosigkeit mit architektonischer Strenge - und macht die Landschaft dadurch wieder zum Schauplatz einer einzigartigen ästhetischen Erfahrung
Olivier Grasser

Didier Marcel - Red Harvest
7. Oktober bis 20. November 2011