Ursula von der Leyen, als deutsche Kraftfrau (nicht zu verwechseln mit der früheren deutschen Kraft-durch-Freude-Frau! Nur Übersetzung des trendigen "power woman") Mutter und Christin kompetente Familienministerin in Deutschland, sorgt sich um die Schafe der Herde und setzt sich für die Kinder ein, wie der Hirte für die Armen im Geiste. Sie betreibt die Indizierung eines atheistischen Kinderbuches zum Wohle des Religionsfriedens und zur Abwehr antisemitischer Umtriebe und Verächtlichmachung von gleich drei Weltreligionen.
Seit das Kinderbuch "Wo bitte geht"s zu Gott? fragte das kleine Ferkel. Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen" im Oktober 2007 erschienen ist, schwappen die Wellen hoch, lodert der Hass, geifern die Antiaufklärer und Schutzhirten. Dr. Michael Schmidt-Salomon, freischaffender Philosoph/Schriftsteller, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, der sich seit längerem als aufklärerischer Autor engagiert und schon ein umfangreiches Werk publizierte, hat mit dem Zeichner Helge Nyncke ein Kinderbuch herausgebracht, das die nichtreligiöse, atheistische Sicht vertritt. Das ist nicht nur ein Fauxpas, das ist ein Sakrileg. Dank der Islamophobie und ihres Antipoden sowie der politisch korrekten Überempfindlichkeit hinsichtlich Antisemitismus, wird das Buch nicht nur als religionsverächtlich verurteilt, sondern vor allem als antisemitisch und damit als rassistisch.
Worauf stützt sich diese Haltung? Darauf, dass die kurze Geschichte drei Weltreligionen über ihre Repräsentanten nicht nur lächerlich macht, sondern auch zeigt, dass der Gott, von dem geredet wird, überaus grausam war oder gewesen sein muss. Und dass die bildliche Darstellung stereotyp sei, vor allem in der Figur des Rabbi. Einige sehen die Stürmer-Hetze wiederaufleben, andere überhaupt den Untergang des Abendlandes wegen solcher Schundwerke des Hasses und der Verteufelung.
"Verächtlichmachung" ist ein dehnbarer Begriff, womit eigentlich jede nicht genehme Äusserung und Darstellung verfolgt werden kann. Konsequent praktiziert, erst recht im Verbund mit dem Diktat der Religionsachtung (als ob Missachtung schon ein krimineller Tatbestand wäre!), dürfte es keine Karikaturen mehr geben. Die radikalen oder fundamentalistischen Moslems haben dies ja mit einigen Morden und immer wieder geäusserten Morddrohungen gegen Beleidiger des Profeten oder Allahs unter Beweis gestellt. Die heutigen Christen sind da zahmer. Aber sie haben die gleiche Geschichte des Terrors, der Massaker, wie die Islamisten. Die Inquisition ist noch nicht so lange her, wenn man in Geschichtsepochen denkt. Und wer weiss, wie freudig einige der fundamentalen Christen die Schützenhilfe der Islamisten aufgreifen, um frühere Zustände wieder herzustellen?
Vor einiger Jahren hat Gerhard Haderer seine Illustrationsgeschichte "Das Leben des Jesus" herausgebracht und ebenfalls einigen Wirbel damit ausgelöst. Er war froh, dass er nicht den Mohammed oder gar den Allah karikiert hat (letzteren hätte er schwer darstellen können!), weil die Angriffe aus dem Christenlager doch nicht so brutal waren, wie die moslemischen gewesen wären. Das Ferkel-Kinderbuch geht weiter und tiefer und ist daher für alle Religiösen gefährlicher.
Die Figur des Ferkels, des Schweinchens, ist besonders durch George Orwells "Animal Farm" (1945) berühmt geworden. Wie in jeder Karikatur wird überzeichnet, verzerrt, einseitig überbetont. Die wütenden Reaktionen und Verfolgungen aus dem damaligen Moskau der stalinistischen Sowjetunion klingen übrigens ganz ähnlich den Verdikten heutiger Besorgter und Beleidigter. Nur dass man Antisemitismus und Religionsverächtlichmachung vorschiebt, um die Verurteilung zu legitimieren. Orwells Buch darf weiter erfolgreich verkauft werden, weil das karikierte System heute nicht mehr existiert. Wäre anstatt Putins mafiotisch-kriminellem Oligarchenimperium die Sowjetunion Partner und Energielieferant Europas, wäre, vermute ich, die "Farm der Tiere" ebenfalls auf dem Index und verboten. Die Schweinsgeschichte störte die Völkerverständigung und den Frieden. Es machte ein ganzes Volk über ihre herausragenden Vertreter verächtlich. Usw. Usf.