Puccinis "Unvollendete" an der Stuttgarter Staatsoper
Am Freitag, 19. Februar 2010, wurde Nicolas Briegers Inszenierung von "Turandot" an der Stuttgarter Staatsoper wiederaufgenommen. Der junge Slowake Juraj Valcuha übernahm die musikalische Leitung und gab damit sein Debüt mit dem Staatsorchester Stuttgart. In der Titelpartie der Wiederaufnahme war Barbara Schneider-Hofstetter zu hören, als Calaf stand ihr Ki-Chun Park zur Seite. Karine Babajanyan sang die Liù, Liang Li ihren Vater Timur. In den weiteren Rollen standen Heinz Göhrig (Altoum), Miljenko Turk (Ping), Hans Kittelmann (Pang), Torsten Hofmann (Pong) und Michael Ebbecke (Mandarin) auf der Bühne.
Puccinis letzte Oper greift auf einen Märchenstoff zurück. Die Geschichte handelt von der stolzen Prinzessin Turandot, die sich der Verheiratung zu entziehen sucht, indem sie den Bewerbern drei Rätsel stellt – dramatisch verstärkt durch ihre Forderung, dass derjenige, der die Antworten nicht findet, sterben muss. Der Komponist der großen Emotionen stellte hier den Versuch, eine für seine Zeit und im Vergleich zu seinen früheren Opernwerken völlig neue Mann-Frau-Beziehung zu entwickeln, in den Mittelpunkt – seine Titelheldin ist nicht die klassische Frauenfigur der Oper, die in der Liebe zu einem Mann den Opfertod stirbt, wie Mimi oder Tosca, sondern die beiden Hauptpersonen Turandot und Calaf finden sich in ihrer Liebe als zwei gleichstarke Menschen wieder.
Ob der Komponist seinem eigenen musikalischen Anspruch letztlich ganz gerecht geworden wäre, wissen wir nicht, denn er konnte die Oper nicht selbst beenden – er starb kurz vor Vollendung des 3. Aktes. Fertig gestellt wurden das Finale und das Schlussduett vom Komponisten Franco Alfano im Auftrag des Ricordi-Verlages und nach Skizzen von Puccini: die Komposition bleibt daher fragmentarisch – wie es mit Turandot und Calaf weitergeht, bleibt offen.
Sein Debüt an der Staatsoper Stuttgart gibt Juraj Valcuha. 1976 in der heutigen Slowakei geboren, studierte er Komposition und Dirigieren in Bratislava, St. Petersburg und Paris. 2003 debütierte er beim Orchestre Philharmonique de Radio France. In rascher Folge schlossen sich Dirigate an den Opernhäusern von Lyon, Bologna, Venedig sowie an der Bayerischen Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin an. Auch im Konzertbereich hat er bereits mit namhaften Orchestern, wie dem Philharmonia Orchestra London, dem Oslo Philharmonic Orchestra, dem Pittsburgh Symphony Orchestra und dem Los Angeles Philharmonic zusammengearbeitet. Im Herbst eröffnete er die neue Saison der Münchner Philharmoniker und debütierte bei der Staatskapelle Dresden. Seit November 2009 ist er zudem Chefdirigent des Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI Turin.
Für Nicolas Brieger sind die Maske, die Nacht, die Fremdheit und das Ritual zentrale Begriffe dieser letzten Puccini-Oper, in der der Komponist der großen Emotionen eine neue Mann-Frau-Beziehung in den Mittelpunkt stellt: Fremdheit und Maskierung findet Brieger nicht nur bei Calaf, Timur und Liù mit ihren verheimlichten Identitäten, sondern auch bei Turandot, die hinter einem Rätsel Schutz sucht und selbst ein Rätsel ist. Nur die Nacht repräsentiert die Zeit, in der die Charaktere – Rituale außer acht gelassen – ihre wahren Gefühle zeigen.
Weitere Vorstellungen:
22./ 25./ 28. Februar 2010
3./ 12./ 18./ 21. März 2010
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