In progress. Werke aus der Mumok Sammlung

Als einziges Museum in Österreich besitzt das Mumok eine umfassende Sammlung der klassischen Moderne mit Spitzenwerken der wesentlichen Richtungen und ihrer VertreterInnen. In den 1960er-Jahren schuf Gründungsdirektor Werner Hofmann dafür die Basis. 2013 zeigt das Mumok unter dem Titel "In progress. Werke aus der Mumok Sammlung" eine Neuaufstellung der Werke vom Beginn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Dass Sammeln die Voraussetzung eines lebendigen Museums ist, da es ein ständiges Umwerten und Neubetrachten der Geschichte ermöglicht, ist ein Ausgangspunkt dieser Präsentation.

In dem mit rund 70 Arbeiten bestückten Rundgang stellen sich die herausragenden KünstlerInnenpersönlichkeiten dieser Zeit mit einigen ihrer wichtigsten Werke vor und treffen in der Ausstellung sowohl auf Gleichgesinnte wie auch auf die polarisierenden VertreterInnen der dicht aufeinander folgenden Ismen der Moderne. Der Parcours erstreckt sich vom Expressionismus über den Kubismus, Futurismus und Konstruktivismus bis hin zu Neuer Sachlichkeit, Dada und Surrealismus. Bedeutende Werke des österreichischen Expressionismus von Künstlern wie Richard Gerstl, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer und Herbert Boeckl treffen auf solche ihrer deutschen Mitstreiter Heinrich Campendonk, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller und Karl Schmidt-Rottluff. Sie stehen in der Ausstellung stellvertretend für die Abkehr vom Ästhetizismus und die im Expressionismus vollzogene Hinwendung zum radikalen Ausdruck innerer Befindlichkeiten. Mit Malereien und Skulpturen von Albert Gleizes, Juan Gris, Henri Laurens, Fernand Léger, Pablo Picasso und Giacomo Balla zeigt das mumok seinen reichen Bestand des für die Darstellung der Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert unabdingbaren Kubismus und Futurismus, deren Formensprache lange Allgemeingut und verbindliches modernistisches Vokabular bleiben sollte.

Besonders die um 1910 einsetzende Abstraktion gehört zu den wichtigsten Neuerungen auf dem Gebiet der Malerei. Neben František Kupka, der heute als Schöpfer der ersten abstrakten Gemälde überhaupt gilt und mit zwei Arbeiten in der Ausstellung vertreten ist, werden stellvertretend für die abstrakten und konstruktiven Tendenzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Arbeiten von Johannes Itten, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Piet Mondrian und László Moholy-Nagy gezeigt. Die Neue Sachlichkeit ist durch Künstler wie Christian Schad repräsentiert; und Dada und Surrealismus mit so wegweisenden Persönlichkeiten wie Marcel Duchamp, Francis Picabia, Giorgio de Chirico, Max Ernst, René Magritte und André Masson. Absolute Höhepunkte der Sammlungsausstellung sind die im Besitz des mumok befindlichen Inkunabeln der Moderne wie etwa "Der Kauernde" (1907) von André Derain oder Giacomo Ballas "Merkur zieht an der Sonne vorbei, gesehen durch das Fernrohr" (1914) sowie "La Voix du sang" (1959) des Belgiers René Magritte.

Während der gesamten Laufzeit der Sammlungspräsentation werden einzelne Themen vertiefend behandelt. Etwa die Beziehung zwischen Musik und darstellender Kunst in der Moderne. Beispielhaft hierfür steht der freundschaftliche Austausch des Malers Johannes Itten mit dem Zwölftonkomponisten Josef Matthias Hauer. Aus ihrer nur wenige Monate dauernden, aber für die künstlerische Entwicklung beider umso wichtigeren Begegnung sind Dokumente, Briefe, Skizzen und Partituren erhalten. 2007 sind diese durch eine großzügige Schenkung des Ehepaars Gertraud und Dieter Bogner in die Sammlung des Mumok übergegangen und stehen in der Ausstellung in progress für die parallelen Entwicklungen in Musik und Malerei der Moderne. Bei Itten und Hauer ging es insbesondere um das Ton- und Farbverhältnis, die Totalität der Farben und Töne. Ihr Austausch führte auf beiden Seiten zu einer Konzentration auf die Reduktion, die in den ausgestellten Schriftstücken und Briefwechseln dokumentiert ist.

Neben der Beziehung Itten/Hauer wird der Bedeutung der Schachteln des radikalen französischen Vordenkers Marcel Duchamp nachgespürt. Vor allem die "Boîte-en-valise" (1938–1942) und die "Boîte verte" (1934) stehen im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit Duchamp. Mit der "Boîte-en-Valise" versuchte er, in nur einer Schachtel sein Werk zusammenzufassen. Sie fungiert zugleich als Rück- und Überschau wie auch als mobile Anthologie seines OEuvre. Die "Boîte verte" hingegen ist mit über 90 Dokumenten – Faksimiles, Notizen und Fotografien – eine wichtige Quelle zur Entschlüsselung eines seiner (unvollendeten) Hauptwerke: "La Mariée mise à nu par ses célibataires, même" (1934), auch bekannt als "The Large Glass". Obwohl "nur" zwei Schachteln, sind die beiden Boîtes ein reicher Fundus, um das Phänomen seines bis heute wirkenden Einflusses auf KünstlerInnen zu entschlüsseln. Wie wegweisend Duchamps OEuvre auch für die Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist, zeigt nicht zuletzt der zweite Teil der Sammlungsneupräsentation. Ab 20. Mai 2013 wird die Ausstellung auf weiteren zwei Ebenen um Sammlungs-highlights aus den Bereichen der Abstraktion nach dem Zweiten Weltkrieg, der Pop-Art, des Nouveau Réalisme und des Wiener Aktionismus erweitert.

In progress
Werke aus der Mumok Sammlung
22. Februar 2013 bis 23. Februar 2014